Der Regierungsentwurf für ein neues Hochschulrecht in NRW

Der Referentenentwurf für ein Hochschulzukunftsgesetz aus dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung von November 2013 löste bei den betroffenen Hochschulen und Studierendenwerken massive Kritik aus. Tatsächlich wurde der Regierungsentwurf von März 2014 gegenüber dem Referentenentwurf überarbeitet. Jedoch gibt es gegenüber dem Referentenentwurf keine grundsätzlichen Änderungen, die der Kritik von Seiten der Hochschulen und Studierendenwerke gerecht würden. Einige kritische Punkte wurden zwar entschärft, doch bleibt es bei der grundsätzlichen Zurücknahme der bisherigen Autonomie der Hochschulen zugunsten des Ministeriums. Es gibt natürlich auch Akteure innerhalb der Hochschullandschaft, die die bisherige Form der Autonomie der Hochschulen kritisch sehen und eine höhere Verantwortung von Seiten des Staates für die Hochschulen befürworten. Allerdings sollen auch in diesem Fall die Freiheit von Forschung und Lehre und das System der Selbstverwaltung nicht grundsätzlich angetastet werden. Vielmehr soll das Land nach deren Auffassung vor allem mehr Verantwortung für die Finanzierung der Hochschulen übernehmen und deren Bestand als gesamtgesellschaftliche Einrichtungen sichern. Auch die bisherige bzw. die geplante Verteilung der hochschulinternen Kompetenzen ist durchaus nicht unumstritten. So gibt es zum Beispiel auch die Auffassung, wonach die Kompetenzen des Senates auf Kosten der bisherigen Kompetenzen der Hochschulleitung und des Hochschulrates gestärkt werden sollen. Allen Auffassungsunterschieden zum Trotz bleibt die grundsätzliche Kritik an der geplanten Novellierung des Hochschulrechts bestehen.

Der Regierungsentwurf für ein neues Hochschulgesetz

Gegenüber dem Referentenentwurf wird im Regierungsentwurf der Landtag bezüglich der Steuerung des Hochschulwesens wieder stärker bei Entscheidungen des Ministeriums eingebunden. So kann das Ministerium den Landeshochschulentwicklungsplan als Rechtsverordnung nur im Benehmen mit dem Landtag beschließen. Des Weiteren soll das Ministerium dem Landtag über die Ausführung des Landeshochschulentwicklungsplans nach der Hälfte seiner Geltungsdauer berichten. Bei der Aufstellung des Landeshochschulentwicklungsplans sollen die Belange der Hochschulen berücksichtigt werden. Nach dem geltenden Hochschulgesetz gibt es Hochschulentwicklungspläne, die die Hochschulen aufstellen, und Zielvereinbarungen, die zwischen dem Ministerium und den einzelnen Hochschulen vertraglich festgelegt werden. Auch nach der geplanten Novellierung des Hochschulrechts soll es diese Instrumente weiterhin geben. Allerdings soll diesen Instrumenten dann ein Landeshochschulentwicklungsplan als verbindlicher Rahmen vorgesetzt werden. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass das Ministerium im Benehmen mit dem jeweiligen Hochschulrat verbindliche Zielvorgaben festlegen kann, wenn die Hochschule keinen entsprechenden Vertrag mit dem Ministerium abschließt. Die noch im Referentenentwurf vorgesehenen Konkretisierungen über die vertraglich festzulegenden Leistungsziele wurden durch eine allgemeinere Formulierung ersetzt. Im Gegensatz zum Referentenentwurf sollen die Akkreditierungsagenturen zur Einrichtung von Studiengängen im Regierungsentwurf nicht mehr der Rechtsaufsicht durch das Land unterstehen. Die Akkreditierungsagenturen werden vom Land mit der Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben beliehen und nehmen diese dann an Stelle des Landes wahr. Hier ist zum Teil umstritten, ob und inwieweit das Land durch konkrete gesetzliche Vorgaben das Akkreditierungsverfahren regeln soll. Die Regelungen zum Datenschutz wurden im Regierungsentwurf etwas ergänzt. Bei Befragungen zur Qualitätssicherung soll auf die Freiwilligkeit und die Widerspruchsmöglichkeit bei der Erfassung von persönlichen Daten hingewiesen werden. Der Genehmigungsvorbehalt beim Erlass der Grundordnung bezüglich ihrer Regelungen zur Zusammensetzung der Gremien wurde im Regierungsentwurf auf das rechtlich notwendige Maß zurückgeschraubt. Im Referentenentwurf konnte auch die Gefährdung der strategischen Ziele des Landes zu einer Versagung der Genehmigung führen. Nach der im Referentenentwurf und im Regierungsentwurf geplanten Regelung können Hochschulgremien (Senat und Fachbereichsrat) auch Viertelparitätisch besetzt sein. Dennoch muss aufgrund der besonderen Stellung der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer in der Forschung und Lehre in bestimmten Bereichen ihr Vorrecht bei Entscheidungen in der Grundordnung sichergestellt sein. Das Rektorat muss den Hochschulentwicklungsplan nach dem Regierungsentwurf nicht mehr nach den Vorgaben des Landeshochschulentwicklungsplans aufstellen, wie es noch im Referentenentwurf vorgesehen war. Dafür kann allerdings der Hochschulrat nach dem Regierungsentwurf Empfehlungen und Stellungnahmen zum Entwurf des Hochschulentwicklungsplans abgeben. Der Hochschulrat braucht nach dem Regierungsentwurf nur zur Hälfte aus externen Mitgliedern zu bestehen. Im Referentenentwurf war noch vorgesehen, dass sämtliche Mitglieder des Hochschulrates Externe sein müssen. Der Senat oder der Hochschulrat könnte nach dem Regierungsentwurf mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner jeweiligen Stimmen eine Abberufung eines Mitglieds des Hochschulrats vorschlagen. Auf diesen Vorschlag hin könnte das Ministerium ein Mitglied des Hochschulrates bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere bei einer erheblichen Verletzung einer dem Mitglied obliegenden Pflicht, abberufen. Nach dem geltenden Hochschulgesetz und dem Referentenentwurf kann die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident für Wirtschafts- und Personalverwaltung auch die Bezeichnung Kanzlerin bzw. Kanzler führen. Im Regierungsentwurf ist die Bezeichnung Kanzlerin bzw. Kanzler als Regelfall vorgesehen, wie es bereits für die Bezeichnung „Rektorin“ oder „Rektor“ bzw. „Rektorat“ im Referentenentwurf vorgesehen war und auch im Regierungsentwurf ist. Nach der aktuellen Rechtslage ist die Regelbezeichnung noch „Präsidentin“ oder „Präsident“ bzw. „Präsidium“ für die Hochschulleitung und Vizepräsidentin bzw. Vizepräsident für Wirtschafts- und Personalverwaltung für die Kanzlerin bzw. den Kanzler. Zwar war bereits im Referentenentwurf die Bezeichnung Kanzlerin oder Kanzler als Regelfall vorgesehen, doch gab es diesbezüglich noch widersprüchliche Regelungen. Neu eingefügt wurde im Regierungsentwurf mit § 34a ein Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen. Dieser Rahmenkodex soll unter Einbeziehung der Personalräte und der Landespersonalrätekonferenz gute Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen sicherstellen. Die Regelung, wonach beurlaubte Studierende grundsätzlich keine Studien- und Prüfungsleistungen erbringen dürfen und die möglichen Ausnahmen davon, sind wieder in den Regierungsentwurf aufgenommen worden. Im Referentenentwurf wurde die zurzeit gültige Regelung gestrichen. Mögliche Ausnahmen gelten für beurlaubte Studierende, die eine nicht bestandene Prüfung wiederholen wollen, die Kinder im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erziehen und pflegen sowie für Studierende, die eine nahe Angehörige oder einen nahen Angehörigen pflegen. Die bereits im Referentenentwurf aufgenommene Regelung, wonach auch Studierende mit Fachhochschulreife zum Studium an einer Universität zugelassen werden könnten, wurde ausführlicher gefasst. Demnach kann das Ministerium zur Verbesserung der Chancengleichheit im Zugang zum Studium an Universitäten im Einvernehmen mit dem für das Schulwesen zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung regeln, dass und nach welchen Maßgaben die Fachhochschulreife auch zum Studieren an Universitäten berechtigt. Die im Referentenentwurf vorgesehene Möglichkeit des Ministeriums einem Fachbereich in begründeten Fällen das Promotionsrecht zu entziehen wurde im Regierungsentwurf ersatzlos gestrichen. Gerade diese im Referentenentwurf noch vorgesehene Regelung löste sehr viel Kritik aus. Für viele Kritiker war sie eine unverhältnismäßige Einschränkung der Forschungs- und Lehrfreiheit bzw. der daraus resultierenden Hochschulautonomie. Die Transparenz bei der Forschung mit Drittmitteln ist im Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf wieder eingeschränkt worden. Sollte die Hochschule bzw. das Rektorat bei einem Forschungsvorhaben die Öffentlichkeit ursprünglich noch in geeigneter Weise informieren, so muss dies nach dem Regierungsentwurf erst nach Abschluss des Forschungsvorhabens erfolgen. Auch kann von einer Information der Öffentlichkeit abgesehen werden, wenn das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis offenbart würde und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte. Der Hochschulentwicklungsplan bedarf nach dem Regierungsentwurf nun nicht mehr der Zustimmung des Ministeriums, sondern nur noch dessen Genehmigung. Verstöße gegen den Landeshochschulentwicklungsplan können nach dem aktuellen Entwurf nicht mit den Mitteln der Rechtsaufsicht von Seiten des Ministerium geahndet werden. Das Ministerium könnte sich nach dem Regierungsentwurf jederzeit durch eine Beauftragte bzw. einen Beauftragten über die Angelegenheiten einer Hochschule informieren und an den Sitzungen des Hochschulrates teilnehmen. Im Referentenentwurf waren weitergehende Rechte für die Beauftragte bzw. den Beauftragten vorgesehen.

Der Regierungsentwurf für die Novellierung der HWVO

Die im Referentenentwurf vorgesehene Änderung der Haushalts- und Wirtschaftsführungs-Verordnung der Studierendenschaften NRW (HWVO) wurde im Regierungsentwurf ebenfalls konkreter gefasst. Aus der oder dem Beauftragten für den Haushalt wurde im Regierungsentwurf das „Fachpersonal für den Haushalt“. Dieses muss allerdings nur dann eingestellt werden, wenn die Finanzreferentin oder der Finanzreferent des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) mangels fachlicher Kompetenz entsprechende Unterstützung benötigt. Im Referentenentwurf war noch vorgesehen, dass eine Beauftragte oder ein Beauftragter für den Haushalt eingestellt werden muss. Die fachlichen Anforderungen an das Fachpersonal für den Haushalt, nämlich die Befähigung für den gehobenen Verwaltungsdienst oder vergleichbare Voraussetzungen, haben sich gegenüber dem Referentenentwurf allerdings nicht geändert.

Der Regierungsentwurf für ein neues Studierendenwerksgesetzes

Im Falle des Studierendenwerksgesetzes gibt es gegenüber dem Referentenentwurf nur geringfügige Änderungen im Regierungsentwurf. Allerdings standen die betroffenen Regelungen in der Kritik und wurde im Sinne der Kritiker geändert. Die geltende Regelung, wonach die Satzung des Studierendenwerks eine angemessene Vergütung für die Mitglieder des Verwaltungsrates vorsehen kann, wurde im Regierungsentwurf wieder aufgenommen. Im Referentenentwurf war diese Regelung noch ersatzlos gestrichen worden. Ein Mitglied des Rektorats muss nach dem Regierungsentwurf nicht mehr an der Sitzung des Verwaltungsrates teilnehmen. Nach dem Referentenentwurf bestand noch eine Pflicht für ein Mitglied des Rektorats an den Sitzungen des Verwaltungsrats teilzunehmen. Sollte der Verwaltungsrat nach dem Referentenentwurf noch grundsätzlich öffentlich tagen, ist dies im Regierungsentwurf umgekehrt worden. Demnach soll der Verwaltungsrat grundsätzlich nicht öffentlich tagen. Die Satzung des Studierendenwerks kann nach dem Regierungsentwurf jedoch regeln, in welchen Fällen der Verwaltungsrat doch öffentlich tagt.

Fazit

Einige kritische Regelungen, die im Referentenentwurf noch vorgesehen waren, wurden im Regierungsentwurf für ein Hochschulzukunftsgesetz im Sinne ihrer Kritiker zurückgenommen oder entsprechend geändert. Jedoch wurde die im Referentenentwurf vorgesehene politische Neuausrichtung des Hochschulwesens im Regierungsentwurf grundsätzlich beibehalten. Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung würde auch nach dem Regierungsentwurf deutlich mehr Kompetenzen von den Hochschulen an sich ziehen, die den Hochschulen nach dem geltenden Hochschulfreiheitsgesetz (In Kraft getreten am 01.01.2007) noch zugebilligt werden. Es wird daher mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Paradigmenwechsel in der bisherigen weitgehenden Autonomie der nordrhein-westfälischen Hochschulen kommen. Den Kritikern an der geplanten Novellierung des Hochschulrechts dürften daher die Änderungen im Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf nicht ausreichen. Selbst die Befürworter von mehr staatlicher Verantwortung im Bereich des nordrhein-westfälischen Hochschulwesens dürften im Ergebnis nicht zufrieden mit dem Regierungsentwurf sein, da auch ihre Vorstellungen im Wesentlichen nicht umgesetzt wurden. Nun muss der Landtag über den Regierungsentwurf debattieren und abschließend beschließen. Auch in diesem Verfahren kann der Regierungsentwurf noch Änderungen erfahren. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es noch zu grundsätzlichen Änderungen im Gesetzesentwurf kommen wird. Inkrafttreten soll das Hochschulzukunftsgesetz, welches unter anderem die Novellierung des Hochschulgesetzes und des Studierendenwerksgesetzes beinhaltet, am 01.10.2014. »schwarz«

Gastautor: Andreas Schwarz – »schwarz«

Foto: Andreas Schwarz

Andreas Schwarz hat Physik (mit Schwerpunkt Astrophysik) an der Bergischen Universität Wuppertal studiert. Während seiner Studienzeit war er neben anderen Tätigkeiten in der Selbstverwaltung der Hochschule und der Studierendenschaft Mitglied des Studierendenparlaments (StuPa) sowie Referent für Hochschulrecht und Mitglied im Vorsitz des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Als Referent für Hochschulrecht war er für die rechtliche Organisation der Studierendenschaft und der Fachschaften sowie für deren Satzungen und Ordnungen verantwortlich. Auch an den Neufassungen der Satzung und der Wahlordnung der Studierendenschaft hat er maßgeblich mitgewirkt. Heute schreibt er unter anderem für das deutschsprachige makedonische Nachrichtenportal „Pelagon“ (www.pelagon.de) und engagiert sich für eine Lösung im sogenannten Namensstreit zwischen Griechenland und Makedonien. Grundlegende Arbeitsschwerpunkte sind hierbei die „Internationalen Beziehungen“ und das „Völkerrecht“.

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