Mit viel Ehrgeiz bis nach ganz oben

Als ihre Kommilitonen sich noch schnell ihren Stundenplan zusammenstellten und die ersten Kurse im Wintersemester belegten, hielt sich Ines Wahle gerade in Barcelona auf. Sie befand sich aber keineswegs im Urlaub und hatte den Uni-Start verpasst. Sie stand im Aufgebot der deutschen U23-Nationalmannschaft für die Korfball-Weltmeisterschaft.

„Bei mir in der Heimat haben viele Korfball gespielt. Schon im Kindergarten. Als ich in der Grundschule war, habe ich es einfach auch mal ausprobiert“, erinnert sich Ines Wahle zurück an ihre Kindheit. Die Randsportart machte ihr auf Anhieb Spaß und sie bemerkte, dass sie ihre Leistungen steigern konnte. „Das Besondere ist einfach, dass Männer und Frauen zusammen spielen, auch wenn sie nicht direkte Gegenspieler sind“, sagt die Studentin. Dadurch wurde das Spiel für sie interessant. Ein weiterer Reiz: In einer Randsportart herrscht zwar wie überall Konkurrenzkampf. Doch der ist längst nicht so groß wie in renommierten Sportarten, was bessere Chancen bietet, sich international mit anderen zu messen. „Es ist schon leichter, nach oben zu kommen. Trotzdem muss man dafür ehrgeizig sein, sonst funktioniert das nicht“, betont Wahle.

Besonders stark ist die Germanistik- und Geschichts-Studentin in der Abwehr. In der Manndeckung und dem Abfangen von Bällen gehört sie zur Weltspitze. Somit ist sie eine Säule im Nationalkader. In sieben Partien der U23-Weltmeisterschaft in Barcelona stand sie sechs Mal in der Startformation. „Ich wollte dennoch auch ein Vorbild für die Jüngeren sein. Denn es war meine letzte WM in der U23“, merkt Wahle an.
Als Nationalspielerin lernte und lernt sie viele Gegenden kennen. Beispielsweise asiatische Regionen, in die sie sonst nicht unbedingt gereist wäre. Bis zur U-19 musste sie dafür aber selber ins Portemonnaie greifen. Danach werden den Spielern im Nationalkader die Kosten finanziert. „Aber ich lebe für den Korfball. Ich habe viel Geld und Zeit dafür investiert und das ist es mir wert“, sagt die 22-Jährige.

Ines Wahle in der Deckung beim Spiel gegen Hongkong © Dominik Werthmann

Zweimal in der Woche steht das Training beim SG Pegasus Rommerscheid in Bergisch Gladbach auf dem Plan. Einmal findet ein Auswahlspiel für die entscheidenden Partien statt und dann gibt es noch das Meisterschaftsspiel selbst. „Man muss auch schon bisschen verrückt sein, das während der Pubertät durchzuziehen, um höhere Ziele zu erreichen“, gibt Ines Wahle zu. Früher haben sich Bekannte über ihre Sportart gewundert. Mittlerweile befürworten sie die sportliche Aktivität. „Ich konnte sogar schon einige dazu bewegen, selbst mal reinzuschnuppern. Und in meinen Praktika an Schulen habe ich Korfball mal für den Sportunterricht vorgeschlagen“, erzählt die angehende Lehrerin.

Den Sprung in die Nationalmannschaft hat sie geschafft, auch schon in der Jugend. Zuhause in Schildgen, einem Kölner Vorort, wird sie öfter auf ihre herausragende Leistung angesprochen. An der Uni ist das auch schon mal passiert. Sie ist sonst jedoch den meisten nicht bekannt. Ihre Meinung über ihre Person ist deshalb zweigeteilt. „Einerseits bin ich schon stolz darüber. Es ist auch ein schönes Gefühl, wenn man das Trikot von Deutschland trägt. Aber andererseits wird man natürlich längst nicht so gefeiert wie etwa die Fußball-Nationalspieler“, gibt sie zu bedenken. Werbung wird seitens einiger Vereine betrieben. Ines Wahle hat selber weniger Zeit dazu. Wenn sich die Gelegenheit bietet, würde sie diese dafür auf jeden Fall nutzen. „Die Sportart hat viel Potenzial. Gerade durch das zwingende Teamplay lohnt es sich, sie zu fördern.“ An der Uni fördern die Dozenten Ines Wahle – sie zeigen sich im Falle von Länderspielen kulant beim zeitlichen Ablegen von Prüfungsleistungen. »hst«

Infos zur Sportart:
Das Ballspiel Korfball wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in den Niederlanden entwickelt („Korf“ ist das niederländische Wort für Korb). Es ähnelt der Sportart Basketball. Die Besonderheit beim Korfball: Frauen und Männer spielen gemeinsam in einer Mannschaft. Die Zweikämpfe müssen jedoch gleichgeschlechtlich bestritten werden. Ein Team besteht aus acht Spielern, vier Frauen und vier Männern. Die Körbe hängen in 3,50 Metern Höhe. Bei der WM in Barcelona belegte Deutschland den vierten Platz.

Mehr Infos auf www.korfball.de

Titelfoto: Ines Wahle im Spiel Deutschland gegen Indien © Dominik Werthmann

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