Kulturstaatsministerin Claudia Roth nimmt Petition für gemeinnützigen Journalismus entgegen

Am vergangenen Montag, 29. Juli 2024, nahm Kulturstaatsministerin Claudia Roth in Berlin die vom Forum Gemeinnütziger Journalismus initiierte innn.it-Petition “Schafft Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus!” im Bundeskanzleramt entgegen. Zum jetzigen Stand soll ein sogenannter Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums die Anerkennung gemeinnütziger Medienprojekte sicherstellen. Das Forum wertet dies als wichtigen ersten Schritt, fordert jedoch eine gesetzliche Regelung. Wuppertals Bundestagsabgeordneter Helge Lindh schließt als kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagfraktion eine solche nicht aus.

Übergabe der innn.it-Petition an Kulturstaatsministerin Claudia Roth - Foto: Forum Gemeinnütziger Journalismus

Für das Forum Gemeinnütziger Journalismus übergaben die Vorstände Anne Webert, zugleich stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Susanne Stiefel von der KONTEXT:Wochenzeitung und CORRECTIV-Geschäftsführerin Jeannette Gusko im Bundeskanzleramt mehr als 50.000 Unterschriften.

Für die drei Vertreterinnen hatte Staatsministerin Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gute Nachrichten: Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, die Bedingungen für gemeinnützigen Journalismus zu verbessern. Mit einem Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums sollen gemeinnützige Medienprojekte anerkannt werden, wodurch sie die für gemeinnützige Organisationen geltenden steuerrechtlichen Erleichterungen nutzen können. Für das Forum Gemeinnütziger Journalismus ist das ein Erfolg auf dem Weg zur Rechtssicherheit für gemeinnützige Medienprojekte.

„Gemeinnütziger Journalismus ist von großer Bedeutung für unsere Demokratie“

Dazu erklärte die Kulturstaatsministerin Claudia Roth beim Treffen im Bundeskanzleramt: „Ich danke den Initiator:innen für die Petition, denn gemeinnütziger Journalismus ist von großer Bedeutung für unsere Demokratie. Es braucht für gemeinnützigen Journalismus mehr Rechtssicherheit.“

David Schraven vom Vorstand des Forums Gemeinnütziger Journalismus führt zu den jüngsten Entwicklungen aus: „Mehr als ein Jahrzehnt gemeinsamer Kampf zahlt sich aus, gemeinnütziger Journalismus wird grundsätzlich anerkannt! Ein wichtiger erster Schritt. Für den Erhalt der Demokratie ist das notwendig wie nie. Wo weder der Markt noch die öffentlich-rechtlichen Sender funktionierende Qualitätsangebote schaffen, kann gemeinnütziger Journalismus für demokratische Aufklärung sorgen. In den kommenden Jahren folgt sicher eine gesetzliche Regelung.“

DJV fordert eine gesetzliche Regelung für gemeinnützigen Journalismus

Anne Webert vom Deutscher Journalisten-Verband ergänzt: „Dass das Bundeskabinett gegenüber den Finanzämtern grünes Licht für die Anerkennung des gemeinnützigen Journalismus gegeben hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ein solcher Beschluss kann auch wieder zurückgenommen werden. Deshalb brauchen wir ein Gesetz. Nicht mehr und nicht weniger.“

Susanne Stiefel vom KONTEXT:Wochenzeitung sagt: „Journalismus als Daseinsvorsorge – das hätten die Landräte in der Metropolregion Stuttgart auch gerne. Stattdessen leere Pressebänke. Darüber haben sie sich beim Monopolblatt beklagt – und niemand hätte davon erfahren, wenn es nicht die KONTEXT:Wochenzeitung gäbe. Als einziges Medium hat sie darüber berichtet. Das zeigt, wie wichtig Gemeinnützige sind. Sie schließen Lücken in der regionalen und lokalen Berichterstattung, die die Verlegerpresse und auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten sträflich vernachlässigen. Kontext macht das seit 13 Jahren. Wir wollen andere motivieren, auch aktiv zu werden. Deshalb muss Non-Profit-Journalismus gemeinnützig werden. Ein erster Schritt ist jetzt getan.“

Wuppertaler Bundestagsabgeordneter lobt Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus

Unabhängiger Journalismus ist in den Zeiten von Falschnachrichten, Hass und Hetze im öffentlichen Raum wichtiger denn je. Gemeinnütziger Journalismus bietet dafür eine wesentliche zusätzliche Säule. Insofern begrüße ich sehr, dass das Kabinett mit seinem aktuellen Beschluss diesen Zweig stärken will“, lobt der Wuppertaler Abgeordnete Helge Lindh als kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagfraktion.

SPD-Bundestagsabgeordneter Helge Lindt – Foto: Fionn Große

Wichtig, so betont der medienpolitische Sprecher, auch mit Blick auf die regionalen gemeinnützigen Angebote, sei in dieser derzeit noch „untergesetzlichen Regelung“, dass hier die journalistische Unterrichtung der Menschen als Bildung gewertet werde. Dies nun zeitnah zur Umsetzung zu bringen sieht Lindh als wichtig an. Eine weiterführende gesetzliche Regelung sei damit aber nicht ausgeschlossen und soll durch das Parlament weiter angestrebt werden. »mw«

Hintergrund: Gemeinnützigen Journalismus

Die Petition war am 14. Mai 2024 vom “Forum Gemeinnütziger Journalismus” gestartet worden, einem Zusammenschluss von lokalen und nationalen Medien (wozu auch die CampusZeitung blickfeld gehört) sowie Verbänden und Stiftungen. Der Anlass der Petition war die überraschende Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Anti-Fake-News-Blogs “Der Volksverpetzer”. Seitdem wächst die Sorge, dass auch weitere gemeinnützig arbeitende Medienhäuser ihre Gemeinnützigkeit verlieren könnten.

Bislang agieren gemeinnützige Medien in Deutschland in einer Grauzone. Sie sind auf das Wohlwollen von Finanzbehörden angewiesen, da Journalismus in der Abgabenordnung nicht unter den steuerlich begünstigten Zwecken aufgeführt wird. Ihre Gemeinnützigkeit erlangen sie über andere Zwecke. Die Regierung will nun eine untergesetzliche Regelung vornehmen. Das heißt: Es wird vorerst keine gesetzliche Änderungen der Abgabenordnung geben.

Dafür gibt es einen sogenannten Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums, der nicht-gewinnorientieren Journalismus unter dem Zweck „Volksbildung“ führt. In der Praxis führe das dazu, dass nicht-gewinnorientierter Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen sei. Das Forum Gemeinnütziger Journalismus wertet dies als Zwischenerfolg, wird sich aber weiter für die Aufnahme des Journalismus in die Abgabenordnung einsetzen.

Nächster Adressat sind daher jetzt die zuständigen Bundestagsabgeordneten der Regierungskoalition. Denn die Abgabenordnung kann mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (Jahressteuergesetz) geändert werden.

Dieses wird aller Voraussicht nach im Herbst in den Bundestag eingebracht.

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