Supercargo liegt im Herzen des Mirker Quartiers, unweit von Utopiastadt und der daran vorbeilaufenden Nordbahntrasse. „Der Name leitet sich aus dem Englischen ab: Der ‚supervision cargo‘, kurz ‚Supercargo‘ und zu Deutsch ‚Ladungsexperte‘, berät bei der Beladung von Frachtschiffen“, erklärt Toster Maria Freitag. Der einprägsame Name ist Programm, denn Interessierte finden im Ladenlokal verschiedene Lastenrad-Modelle für unterschiedliche Zwecke – vom „Long John“, einem zweirädrigen Lastenrad mit einem Kasten oder einer Ladefläche zwischen Vorderrad und Lenker, bis zum „Longtail“, das durch einen verlängerten Gepäckträger auch Kinder und Erwachsene befördern kann.
Supercargo: Ein Lastenrad-Fachgeschäft im Bergischen Wuppertal?
Doch wie kommt man auf die Idee, in Wuppertal, im Herzen des Bergischen Landes, ein Lastenrad-Fachgeschäft zu eröffnen? „Ich wollte eine Möglichkeit schaffen, durch die Menschen ihre eigene Verkehrswende umsetzen können“, so Freitag. Das Engagement des früheren IT-Systementwicklers folgte aus einer Enttäuschung. „Vor neun Jahren habe ich angefangen, mich in der Stadtentwicklung, insbesondere im Bereich der Mobilität, einzubringen“, so Freitag, der seit vielen Jahren als Mirker Schrauba in der Fahrradreparatur-Initiative in Utopiastadt, aktiv ist und unter anderem am Runden Tisch „Zukunftsfähige Mobilität“ teilnahm. „Zu diesen Gesprächen kamen hohe Vertreter:innen aus Politik, Stadtverwaltung und Wirtschaft. Das Gefühl, dass auch wirklich eine Veränderung gewollt wäre und etwas bewegt werden sollte, habe ich dabei nicht erfahren.“ Somit war der Grundstein für Supercargo gelegt.
„Ein Autoparkplatz reicht für vier Lastenräder“
Nach einem Jahr Vorbereitung eröffnete Toster Maria Freitag im Juni 2019 Supercargo – anfangs nur samstags, da er unter der Woche noch seinen Hauptjob ausübte. Das änderte sich mit dem Beginn der Corona-Pandemie: „Ich habe Software für den Bereich der Veranstaltungsregistrierung entwickelt, was jedoch mit den Kontaktbeschränkungen gänzlich weggebrochen ist.“ Deshalb sattelte Freitag um und öffnete seinen Laden ab Herbst 2020 sechs Tage die Woche. Damit traf er den Nerv der Zeit: „Das Fahrrad hat 2020 geboomt. Die Gründe dafür waren vielfältig: Menschen haben eine Alternative zum vollen Bus gesucht oder sich die Frage gestellt, wie sie ihre Autonutzung reduzieren oder sogar ihren PKW abschaffen können.“ Schon am ersten Tag hatte er eine besondere Kundin: „Eine Frau kam in meinem Laden, sagte kurz, dass sie ihr Auto verkauft hat und jetzt ein Lastenrad braucht.“ Für Freitag ist sie ein Vorbild, denn „ein Autoparkplatz reicht für vier Lastenräder.“
„Dass ich mit dem Fahrrad schneller sein könnte, ist für viele unvorstellbar“
Laut dem Fahrradexperten können sich viele Menschen, die auf ein Lastenrad setzen, ein Auto leisten – wollen es aber nicht. „Die meisten Kunden sind Familien, bei denen keine Überzeugungsarbeit notwendig ist.“ Anders sei es beispielsweise bei Gewerbetreibenden: „Handwerkern, wie in einem Fall Schornsteinfegern, biete ich die Möglichkeit an, kostenfrei auszuprobieren, ob ein Lastenrad für sie geeignet ist. Doch bereits dafür fehlt die Offenheit. Die damit verbundenen Bundes- und Landesförderungen von bis zu 4.600 Euro werden daher kaum genutzt.“ Unter seinen gewerblichen Kunden befänden sich unter anderem einige Baumpfleger und künftig die Hebammen des Teams „Frühe Hilfe“ der Alten Feuerwache.
Köln, Düsseldorf und Remscheid fördern die Anschaffung von privaten Lastenrädern
„Vorträge und Broschüren überzeugen nicht. Ich werbe stets dafür, das Lastenrad in der Praxis zu erproben. Denn die meisten Vorbehalte resultieren aus Gewohnheit. Mit dem Auto weiß ich, wo ich wann im Stau stehe. Dass ich mit dem Fahrrad schneller sein kann, ist für viele unvorstellbar“, so Freitag. Einzelne Städte erkennen dieses Potenzial. So hat Remscheid im vergangenen Jahr ein Förderprogramm für Privatpersonen, die sich ein Lastenrad anschaffen wollen, realisiert. Düsseldorf hat eine Novelle der eigenen Förderung für 2023 angekündigt und Köln für diesen Zweck in 2022 ein Budget von 500.000 Euro bereitgestellt. „Das sind Schritte in die richtige Richtung“, bewertet Freitag, „denn solche Förderungen machen das Lastenrad für eine breitere Zielgruppe interessant.“
Supercargo soll der Verkehrswende und dem Gemeinwohl dienen
Diese Ziele verfolgt Freitag mit Werten wie Großzügigkeit und Ehrlichkeit. Seit November 2019 ist Supercargo Mitglied im Verein Gemeinwohl-Ökonomie Deutschland e. V. und strebt die Zertifizierung durch eine Gemeinwohlbilanz an, die ethische Aspekte wie Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz bewertet.
„Wer in meinen Laden kommt, soll sich wohlfühlen und die Gewissheit haben, korrekt behandelt und beraten zu werden. Hier geht es nicht um Profit, sondern darum, den Menschen etwas Gutes zu bieten und gemeinsam eine neue Mobilität zu schaffen“, so Freitag. Diese Überzeugung schlage sich in seiner eigenen Lebenszufriedenheit nieder: „Ich merke, wie gut es tut, dahingehend alles klar zu haben und tagtäglich mit diesen Zielen ans Werk zu gehen.“ »mw«
Supercargo (Inh. Tobias Maria Freitag)
- Anschrift: Wiesenstraße 36, 42105 Wuppertal (GoogleMaps)
- Telefon: 01515 – 21 68 324
- E-Mail: tmf (at) supercargo-wuppertal.de
- Website: www.supercargo-wuppertal.de
- Facebook: facebook.com/supercargowuppertal/