blickfeld: Wie wurde das Projekt „Queering the City“ bislang aufgenommen?
Anna: An unseren vier kostenlosen Stadtspaziergängen, von denen jeweils zwei im April und im September stattfanden, nahmen rund 130 Menschen teil. Gemeinsam haben wir erkundet, wo in Wuppertal-Elberfeld heteronormative und patriarchale Strukturen im Stadtraum sichtbar werden. Ein Bewusstsein für diese haben wir bereits während unserer partizipativen Ausstellung auf dem Laurentiusplatz am 8. März geschaffen, in deren Rahmen wir Ideen, Perspektiven und Erfahrungen gesammelt haben (blickfeld berichtete).
In einem Workshop am Campus Haspel der Bergischen Universität haben wir über mögliche Lösungen für ein häufig diskutiertes Thema, die gerechtere Gestaltung von (öffentlichen) Toiletten, gesprochen. Damit verbundene Fragen sind beispielsweise, ob und wie Toiletten getrennt werden sollen, wo es Wickelmöglichkeiten braucht und wie sich Sicherheit verbessern lässt, beispielsweise durch einen zweiten Ein- und Ausgang.
Kira: In allen Formaten hat es uns sehr gefreut, mit so vielen Menschen in den Austausch gekommen zu sein. Aus Diskussionen und späteren Gesprächen haben wir viel Input für unsere Arbeit erhalten. Wir erhielten Einblicke in den Alltag queerer Menschen, der im öffentlichen Raum häufig von Diskriminierung geprägt ist. Dabei wurde deutlich, dass queere Perspektiven bei der Gestaltung des städtischen Raums kaum berücksichtigt werden. So gibt es beispielsweise keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen für queere Personen.
Das gilt nicht nur für die Praxis, sondern ebenso für die Forschung. Es fehlt an entsprechender Forschungsliteratur, so dass wir uns mit einem äußerst vernachlässigten Thema auseinandersetzen.
Fehlende Sichtbarkeit, Sicherheit und Defizite in der Stadtgestaltung
blickfeld: Welches Zwischenfazit zieht ihr aktuell?
Anna: Wir haben drei Schwerpunkte identifizieren können, in denen sich die bisherigen Diskussionen bewegt haben: Sichtbarkeit, Sicherheit und Gestaltungsmacht. FLINTA*–Personen, also Frauen, Inter*Personen, nichtbinäre Personen, Trans*Personen und agender Personen, sind im öffentlichen Raum nicht präsent – weder in der Erinnerungskultur noch bei Straßennamen, ebenso nicht in der Werbung oder im Rahmen von Freizeitangeboten.

Kira: Darüber hinaus gibt es öffentliche Orte, die als unsicher wahrgenommen werden. Gerade nachts, vor allem bei schlechter Beleuchtung, entstehen dort Angsträume. Im Rahmen unserer Ausstellung am 8. März beschrieben Besucher:innen konkrete Orte, wie den Hauptbahnhof oder den Karlsplatz in Elberfeld, aber auch zum Beispiel Unterführungen im Allgemeinen als Orte, an denen sie sich unwohl fühlen. Das sind wiederum Defizite in der Stadtgestaltung, die meist in den Händen von Cis-Männern liegt, denen solche Probleme weniger präsent sind.
Fortsetzung am 7. November im LOCH Wuppertal
blickfeld: Wie geht es mit Queering the City weiter?
Kira: Vom 25. bis 27. Oktober organisieren wir im queeren Zentrum Inside:Out einen kostenlosen dreitägigen Workshop. Themenschwerpunkte des Wochenendes sind die Identifikation von Problemen in der aktuellen Stadtgestaltung und das Entwickeln neuer kreativer Ansätze, um die Bedürfnisse von Menschen aller Geschlechter, sexuellen Orientierungen und Identitäten besser zu berücksichtigen. Darüber möchten wir gemeinsam mit den Teilnehmenden diskutieren. Interessierte können sich für den Workshop per E-Mail an empowerment.wuppertal (at) gmail.com anmelden.
Anna: Die erarbeiteten Lösungen werden wir am 7. November um 19:30 Uhr auf einer Veranstaltung im LOCH Wuppertal vorstellen. Hier wollen wir nicht nur die Ergebnisse mit Expert:innen aus dem Bereich der Stadtplanung diskutieren, sondern sie auch an eine Vertreterin der Stabsstelle Gleichstellung und Antidiskriminierung der Stadt Wuppertal überreichen. Parallel findet eine Ausstellung statt, in der die von den Workshop-Teilnehmenden erarbeiteten Ergebnisse vorgestellt werden. »mw«
Queering the City
- Webseite: www.queeringthecity.org
- Instagram: @queeringthecity_wuppertal
- E-Mail: empowerment.wuppertal (at) gmail.com (Anmeldung zum Workshop)
Masterstudiengang Public Interest Design
Der Masterstudiengang Public Interest Design an der Bergischen Universität Wuppertal befasst sich mit Stadtentwicklung, Teilhabe und gesellschaftlicher Transformation und damit, wie diese gestaltet werden kann. Weitere Informationen zum Studiengang: mr.uni-wuppertal.de/pid.