Unbeschwert einkaufen: Wuppertals erster Unverpackt-Laden

Diana Lantzen und Bernd Krippl eröffneten 2019 Wuppertals ersten Unverpackt-Laden. Er ist mehr als ein Ort, um Lebensmittel hoher Qualität zu erwerben. Hier zeigt sich, dass zukunftsbewusstes Einkaufen für jeden möglich ist.

Titelfoto: Die Gründerin Diana Lantzen mit den Mitarbeitern Nathalie Englund, Tobias Saliger und Anton Honnen (v.l.) © sg

In der ehemaligen Feuerwehrwache in Wuppertal-Unterbarmen sind an den Wänden Halterungen zum Abfüllen von Müsli, Nudeln und Co. angebracht. In der Mitte findet man kleine Geschenke und Kosmetikartikel, u.a. handgefertigte Seifen sowie Zahnbürsten aus Holz. Ganz am Ende der lichtdurchfluteten Halle ist eine Theke mit frischen Backwaren sowie diversen Kaffee- und Schokoladensorten.

Erst auf den zweiten Blick fällt auf, was fehlt: Verpackungen. Statt Plastiktüten stehen Einmachgläser bereit, um die verschiedenen Lebensmittel abzufüllen. Das Geschäftskonzept zeigt, dass Einkaufen ganz ohne zusätzlichen Verpackungsmüll möglich ist. In Deutschland produziert jede/-r Einwohner/-in durchschnittlich 146 kg an nicht-organischem Abfall pro Jahr – nach Daten des statistischen Bundesamtes. Besonders die Plastikabfälle belasten die Umwelt stark. So gelangen jedes Jahr durchschnittlich neun Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane, was sich dramatisch auf das gesamte Ökosystem auswirkt.

Zusatzkriterien an das Sortiment: fair, nachhaltig, bio und regional

Das Konzept des Unverpackt-Ladens besteht in der Minimierung von unnötigen Verpackungen zur Reduktion von Müll. Zusätzlich gibt es vier Kriterien an das Sortiment: fair, nachhaltig, bio und regional. Da nicht immer alle Kriterien erfüllt sein können, steht Transparenz über die Herstellungs- und Lieferbedingungen im Vordergrund.

Ziel ist ein ganzheitlich sozialer und umweltfreundlicher Konsum. Die Produkte sind alle vegetarisch und überwiegend vegan, da dies die Umwelt schont. So konnten Forscher der Oxford Universität in Großbritannien 2019 zeigen, dass eine Ernährung ohne tierische Produkte jährlich zwei Tonnen Treibhausgase pro Kopf einspart (Studie).

Die Behälter zum Abfüllen ermöglichen den Verzicht auf Verpackungen © sg

Im Sortiment befinden sich in Wuppertal hergestellte GA-Seifen, abfüllbarer Weine aus der Weinerei am Ölberg und Kaffee der Kaffeerösterei Talbohne in der Nähe der Trasse. Frisches Obst und Gemüse stammt aus dem Windrather Tal und Langenfeld, Eier werden aus Velbert geliefert. Unter den Produkten gibt es auch ausgefallene Lebensmittel wie Hanfnudeln oder Lupinenkaffee. Letzterer ähnelt im intensiven und angenehm herben Geschmack klassischem Kaffee, ist jedoch entkoffeiniert.

Die Trichter erleichtern dem Kunden das Abfüllen in die selbst mitgebrachten Gefäße © sg

FridaysForFuture gab den entscheidenden Anstoß

Die 39-jährige Diplom-Geografin Diana Lantzen gründete Wuppertals ersten Unverpackt-Laden im November 2019: „Die soziale Gerechtigkeit und Umwelt waren für mich immer zentrale Themen, für die ich mich in Parteien und auf Demonstrationen engagiert habe.“ Nach einer Wohnmobilreise mit ihrer Familie durch Europa, in der sie durch stark vermüllte Regionen fuhr, sah Diana Lantzen die Folgen des westlichen Konsumverhaltens mit eigenen Augen. Als Beraterin im Prozess der Digitalisierung traditioneller Unternehmen habe sie keine finanziellen Sorgen gehabt, ihre ethischen Bedenken stiegen jedoch: „Ein Schlüsselmoment war für mich, als ich der Wuppertaler FridaysForFuture-Demo begegnete. Die Dynamik und Entschlossenheit der protestierenden Schüler/-innen erinnerte mich an meine eigene Zeit als Aktivistin. Ich war gerührt und gleichzeitig aufgerüttelt.”

Auch für Wein gibt es eine Lösung © sg

Als Konsequenz beschloss sie, selbst aktiv zu werden. Nach der Organisation der ParentsForFuture-Demonstrationen gründete die gebürtige Solingerin zusammen mit ihrem Partner Bernd Krippl den Unverpackt-Laden. Beiden war bewusst, dass die Gründung kein angenehmes Arbeiten mit sich bringen würde: Der Verdienst pro investierter Stunde Arbeitszeit entspricht einem Bruchteil der vorherigen Einkünfte, dazu kommt eine hohe Verantwortung. Der Wille, mit einem eigenen Unternehmen den Missständen entgegenzuwirken, überwog jedoch.

»Ohne Wenn und Aber« – Ladenname ist ein politisches Statement

„Unser System ist krank und es benötigt einen radikalen Wechsel. Der Name unseres Ladens »Ohne Wenn und Aber« richtet sich demnach besonders an die Politik“, erklärt sie. Die Subventionen an Lebensmittelhersteller/-innen, die sozial-kritisch und umweltschädigend produzieren, seien für sie nicht hinzunehmen. Nachhaltige, faire Produkte würden hingegen viel zu wenig staatliche Unterstützung erhalten. Ein Beispiel hierfür ist die Umsatzsteuer auf Kuhmilch, die nur sieben Prozent beträgt. Pflanzenmilch wird dagegen mit 19 Prozent besteuert, welches dem Konsumenten die CO2-neutrale Kaufentscheidung erschwere.

Der Einkauf beginnt mit dem Abwiegen der mitgebrachten Gefäße © sg

„Essen ist zu billig“, findet Diana Lantzen. Die Qualität und Nährstoffgüte sollte vor der Quantität des Essens stehen. „Zwei Paranüsse pro Tag sind z. B. bereits ausreichend, um den Bedarf an hochwertigen Fetten zu decken und kosten weniger als eine Tüte Chips“, erklärt sie die Denkweise des gezielten Konsums.

Wer zudem vorkoche und dafür auf Essen in Imbissen sowie Bestellungen verzichte, reduziere so Verpackungen und spare Geld für Produkte aus dem unverpacktem Biosortiment.

Diana Lantzen orientiert sich an Biopreisen gängiger Drogerien, um das unverpackte Einkaufen für möglichst jeden zu ermöglichen.

Neben der bewussten Ernährung gäbe es laut Diana Lantzen weitere Wege, nachhaltig zu konsumieren. So könne jeder Waschmittel mit Stoffen wie Natron, Waschsoda und Zitronensäure selbst herstellen. Das spare sehr viel Müll, Transportwege und sei zudem günstiger.

Obst in Szene gesetzt mit Werken des Künstlers Fabian Göttling © sg

Veganer Dönerstag

Neben dem reinen Verkaufskonzept sind mit Ende der Beschränkungen zusätzliche Veranstaltungen und die Wiedereröffnung des Cafés geplant. Aktuell wird jeden Donnerstag ein frisch zubereiteter, veganer Döner zum Mitnehmen verkauft.

Ein guter Anreiz für alle Bewegungsfaulen: Wer zu Fuß oder mit dem Rad anreist, bekommt fünf Prozent Rabatt. Wer seinen verpackungsfreien Wocheneinkauf direkt erledigen möchte, sollte ausreichend eigene Gefäße mitbringen, um genügend Waren abfüllen zu können. »sg«

Mehr zum Unverpackt-Laden in Wuppertal

»Ohne Wenn und Aber«

Anschrift:
Am Brögel 32
42283 Wuppertal
(GoogleMaps)

Kontaktdaten

Telefon:
+49 163 41 31 0 81
E-Mail:
info@ohnewennundaber.jetzt

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  1. Hallo 🙂
    Ich bin ein riesiger Fan von „Unverpackt“-Läden. Wenn man jetzt nicht grade ein Gastro-Besitzer ist, gibt es nur wenige Produkte, bei denen eine Plastikverpackung sinnvoll ist.
    Ich persönlich kaufe in meiner Heimatstadt Hilden auf dem Wochenmarkt regelmäßig am mobilen Unverpackt-Laden, das finde ich auch so eine tolle Idee 🙂

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