Bearbeitungsstau und Verwaltungschaos

Lange Bearbeitungszeiten, ausbleibende Lohnzahlungen, mangelhafte Kommunikation – für an der Universität beschäftigte Studierende der „Status quo“ im letzten Jahr. Zustände, die vom hiesigen Studierendenparlament (StuPa) angemahnt wurden. Die Universität hat reagiert, Maßnahmen ergriffen und die zuständige Abteilung personell aufgestockt. Doch jetzt heißt es beim Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV), verantwortlich für die Gehaltsauszahlungen, ebenso: Lange Bearbeitungszeiten, ausbleibende Lohnzahlungen, mangelhafte Kommunikation. Ein verunglücktes Softwareupdate trägt die Schuld. Hunderte Beschäftigte an der BUW seien betroffen.

Der schwere Stand von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften an der Bergischen Universität (BUW)

Alexander*, studentischer Beschäftigter an der BUW, wartet seit Monaten auf seine erste Gehaltszahlung: „Ich habe schon Anfang des Jahres den Vertrag samt Unterlagen eingereicht und zu Beginn der Vorlesungszeit, also im April, zurückerhalten. Auf das erste Geld warte ich immer noch und es ist bereits Mitte Juni.“ Dies ist nicht die erste Panne in seiner Beschäftigungslaufbahn. Im letzten Jahr habe er erst im November, ein Monat nach Beschäftigungsbeginn, erfahren, dass er mit einer geringeren Stundenanzahl als ursprünglich vereinbart eingestellt wurde. Erstes Geld gab es hier zu Silvester. Eine zuvor eingegangene Abschlagszahlung betrug gerade mal 20% des eigentlichen Lohns. Da er zu Hause wohnt und zudem von seinen Eltern finanziell unterstützt wird, kann er den Lohnausfall kompensieren. „Wer wirklich auf sein Geld angewiesen ist, der ist an der Uni als Arbeitsstelle sicherlich falsch“, zieht er als Fazit seiner Erfahrungen.

Ist die Uni kein attraktiver Arbeitgeber?

Sandra* hat diesbezüglich bereits die Konsequenz gezogen: „Um eine Existenz zu sichern ist ein Job an der Uni nichts“. Miet-, Strom- und Heizrechnungen lassen sich nicht um Monate verschieben. Sie suche bereits nach Alternativen zum Uni-Job und kenne „einige gute Hilfskräfte“, die dies bereits getan haben. Bedingt durch das LBV-Chaos sitzt auch sie als Studentin finanziell auf dem Trockenen. „Ich muss jetzt sehen, ob mir meine Eltern Geld leihen können. Eine äußerst unschöne Situation.“ Eine Kommunikation mit dem LBV sei auch nach zahllosen Versuchen aktuell nicht möglich. Mails würden generell nicht beantwortet werden.

Alle angekündigten Maßnahmen umgesetzt

Trägt die Uni eine Mitschuld? Laut Johannes Bunsch, Leiter der Universitätskommunikation, sei dies nicht der Fall. Man habe das zuständige Dezernat personell enorm aufgestockt. Der Bearbeitungsstau, resultierend aus „vorübergehenden Personalmangel bei gleichzeitigem Anstieg der Verträge“, sei „bereits abgebaut“, erklärt Bunsch gegenüber blickfeld. Ferner wolle man präventiv agieren und „durch längere Verträge, wo dies planerisch möglich ist“, die Antragsmenge in Zukunft reduzieren. Dazu würden bereits Gespräche mit den Fachbereichen stattfinden.
Für die Bearbeitung innerhalb der Universität empfiehlt er zudem die Beachtung der „Vorlaufzeit von acht Wochen“. Diese sei notwendig, um zu gewährleisten, dass der Arbeitsvertrag vor Aufnahme der Tätigkeit bearbeitet an die jeweilige Hilfskraft zurückgeschickt und rechtzeitig ans LBV gemeldet werde. Bei vollständigen Verträgen wurde die Bearbeitung an sich „deutlich weniger“ Zeit beanspruchen.

Softwarechaos beim LBV

Das aktuelle Übel: eine verunglückte Softwareumstellung beim LBV, durch die tausende studentische Hilfskräfte in NRW auf dem Trockenen sitzen (vgl. SPIEGEL-online). Nach Auskunft der Uni-Pressestelle seien an der BUW mehrere hundert Verträge von studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften sowie Lehrbeauftragten betroffen. „Bis September 2013 – also dem vom LBV als problematisch mitgeteilten Softwareumstellungszeitraum“, könne es zu Verzögerungen in den Gehaltszahlungen kommen. Maren Wagner, Pressereferentin der BUW, empfiehlt den betroffenen Studierenden und Mitarbeitern sich im Personaldezernat der Uni zu melden: „Die Kolleginnen und Kollegen sind dort bemüht – in Zusammenarbeit mit dem LBV – Lösungen für Härtefälle zu finden.“
Laut einer blickfeld vorliegenden Mitteilung sind bei akuten Fällen kurzfristige Abschlagszahlungen seitens des LBV möglich. Auch kann ein Überbrückungsdarlehen gewährt werden, welches jedoch zurückgezahlt werden muss, sobald das LBV wieder zahlt.

Hilfe aus dem HSW-Sozialfond
Betroffene Studierende, die durch ausbleibende Gehaltszahlungen in finanzielle Not geraten sind, können unter Umständen Leistungen aus dem Sozialfond des Hochschul-Sozialwerks Wuppertal (HSW) in Anspruch nehmen.
Auf Anfrage erklärt Sandra Bischoff, Leiterin der HSW-Ausbildungsförderung: „Die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Beihilfe oder eines Darlehens aus dem Sozialfond steht jedem Studierenden der BUW frei. Voraussetzung für die Bewilligung einer Beihilfe ist der Nachweis einer akuten, den Studienfortgang gefährdenden Notsituation. Eine Prüfung erfolgt anhand der Kontoauszüge der letzten drei Monate vor Antragsstellung. Liegt das durchschnittliche Einkommen unterhalb des BAföG-Satzes kann, soweit die Voraussetzungen vorliegen, eine Beihilfe bewilligt werden.“

Weitere Informationen unter:
http://hochschul-sozialwerk-wuppertal.de/studienfinanzierung/sozialfonds

Welche weiteren Möglichkeiten gibt es?

Abschlagszahlungen vom LBV, Unterstützung durch die Eltern, Sozialleistungen vom Hochschul-Sozialwerk (HSW) und dem Staat – doch wer kommt für die entstandenen Kosten auf, wie bspw. Mahngebühren bei Zahlungsrückständen? Malte Hermsen, Sprecher der Studi-Gruppe der Bildungsgewerkschaft GEW an der BUW, empfiehlt den Klageweg: „Entstandener Schaden, z.B. die Kosten für einen Dispo-Kredit, können vom Arbeitgeber zurückgefordert werden, wenn der Schaden durch das Ausbleiben von Lohn entstanden ist.“ Er verweist dabei auf den in einer Gewerkschaftsmitgliedschaft enthaltenen Arbeitsrechtsschutz, der in solchen Fällen helfen würde.

Zukunft ungewiss

Bis wann sich die Probleme beim LBV regeln ist gegenwärtig nicht absehbar. Klar ist hingegen, dass viele Wuppertaler Studierende mit existenziellen Nöten konfrontiert werden. Der blickfeld-Redaktion liegen ein Dutzend Fälle von ausbleibenden Lohnzahlungen vor. An der Universität selbst hingegen scheint sich die Lage normalisiert zu haben. Viele studentische Beschäftigte berichten, dass ihre Verträge bereits nach vier bis sechs Wochen aus der Bearbeitung zurück sind. Nun geht es beim LBV nicht voran.
Doch sind vor Ort an der Uni wirklich alle Probleme gelöst? Neben den finanziellen hat Studentin Anna* noch ganz andere Sorgen: „Meine Verträge liefen bislang immer nur für ein halbes Jahr. Stets war das Vertragsende dabei mit der Ungewissheit verbunden, ob ich nun weiter beschäftigt werde.“ Zudem stehe sie kurz vor ihrem Bachelor-Abschluss (BA). „Mit einem BA werde ich als WHF beschäftigt. Wird bei diesem Wechsel alles problemlos verlaufen?“, fragt sich die Studentin, „damit gehen auch Zukunftssorgen einher.“ Schon einmal musste sie mit Hilfe ihrer Eltern und dem Wohngeld über die Runden kommen. Einer von vielen zukünftigen Fällen, in denen die Maßnahmen der Universität sich bewähren und das LBV seine Problemlösungsstrategien beweisen müssen. »mw«

*Namen von der Redaktion geändert

Frage: Du bist studentische oder wissenschaftliche Hilfskraft und kämpfst weiterhin mit Problemen im Rahmen deines Beschäftigungsverhältnisses an der Uni? Dann schreib uns: entweder per Kontaktformular oder direkt per Mail an mw (at) blickfeld-wuppertal.de. Alle Zusendungen werden vertraulich behandelt.

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