„Es war vielleicht einmal …“ – wenn Märchen auf die Realität treffen

Zwei Kinder, die von ihren Eltern im Wald ausgesetzt werden, knabbern am Knusperhäuschen einer Hexe, die die beiden verspeisen möchte. Die Flucht gelingt knapp, auch weil die Geschwister die Hexe in den Ofen werfen. Zu Hause angekommen, werden sie von ihrem Vater in die Arme geschlossen. Wer kennt nicht das Märchen von Hänsel und Gretel – einschließlich Happy End! Doch so läuft das nicht beim Bergischen Uni-Theater (BUnT). Hier müssen sich beide wegen Sachbeschädigung und Mordes vor der Kriminalpolizei verantworten.

Foto: Schneewittchen ist beim Umwelt- und Klimaschutz ganz vorne dabei © xx

Kindermärchen folgen einigen Grundregeln: Eine davon zieht eine klare Linie zwischen den Guten, die immer gewinnen, und den Bösen, die stets verlieren. Doch was, wenn diese Grenze verschwimmt? „Vergesst die Brüder Grimm, Andersen und Co. Im Zauberwald herrschen Organhandel, Sodomie und Behördenwillkür. Eine Märchencollage mitten aus dem Leben“, versprach das studentische Uni-Ensemble, das am vergangenen Wochenende „Es war vielleicht einmal …“ an der Bergischen Universität Wuppertal aufführte.

Wenn das Bauamt Rapunzels Turm dichtmachen will

Kein Fluchtweg und wer in den Turm will, muss an Rapunzels Haar hochklettern. Da sieht der zuständige Mitarbeiter des Bauamts nicht nur erhebliche Verstöße im Brandschutz, sondern gleich noch einen Fall für das Jugendamt. Dornröschen will vielleicht wirklich nur einmal ausschlafen und nicht zu einem Kuss genötigt und anderweitig sexuell belästigt werden. Der Wolf, der in Märchen das Böse an sich verkörpert, wird vielleicht nur missverstanden und ist gar selbst ein Opfer. Rotkäppchens Großmutter „vernaschen“ – ja, aber auf eine Weise, die beiden gefällt. Und die sieben Geißlein sind lediglich gemeine Organhändler, die die Innereien des Wolfes gegen Steine ausgetauscht haben und nun im Darknet das große Geld wittern.

Dornröschen will doch nur Schlafen © xedel

„Was Lockeres, Leichtes und Lustiges“ sollte auf die Bühne des Bergischen Uni-Theaters

Während das Bergische Uni-Theater in den Wintersemestern meist „gesellschaftlich und moralisch schwere Stücke und Themen“ aufführt, wollte das Ensemble in diesem Sommer „was Lockeres, Leichtes und Lustiges“ auf die Bühne bringen, wie uns die für die Regie verantwortliche Michelle Middelhoff im Gespräch verrät. Nichtsdestotrotz bleibt es gesellschaftskritisch, wie Middelhoff erklärt: „Man kann Theater gar nicht machen, ohne gesellschaftlich etwas anzusprechen. Humor lebt auch von verbalen und gedanklichen Grenzüberschreitungen.“

Und so startet beispielsweise Schneewittchen zu Hause die Öko-Offensive und will den Bergbau beenden sowie Fleisch und Plastik verbannen, was auf Widerstand auf Seiten der alten, weißen Zwerge stößt.

Uni-Theater im Wintersemester: Vorbereitungen für die nächste Aufführung starten in Kürze

18 Aktive hat das Bergische Uni-Theater (BUnT) auf und hinter der Bühne. Manche davon sind schon länger dabei, wie Michelle Middelhoff, die der Gruppe schon seit drei Jahren angehört. Zugleich ist BUnT stets offen für neue Gesichter und Engagierte. Diese können sich schon jetzt in die Vorbereitungen zur nächsten Aufführung im Wintersemester einbringen. Nach einer kurzen Pause möchte das Ensemble mit der Stückauswahl beginnen. Wer mitmachen möchte, meldet sich entweder über die Webseite oder auf Facebook beim Uni-Theater. „Wir laden die interessierten Studierenden dann zu unserem nächsten Treffen ein“, so Middelhoff abschließend. »mw«

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