Elsevier, Wiley und Springer Nature: Projekt DEAL will bessere Konditionen

1,2 Millionen - so groß ist der Buchbestand der Wuppertaler Universitätsbibliothek. Dort sind bei weitem nicht nur gedruckte Werke erhältlich. Binnen vier Jahren hat sich beispielsweise der Bestand an E-Books von rund 53.000, auf heute etwa 92.000 erhöht. Wer ganz nah an der aktuellen Forschung sein will, greift auf wissenschaftliche Zeitschriften zurück, von denen fast 30.000 digital verfügbar sind. Die Publikationen des größten Verlags, Elsevier, fehlen jedoch. Auf die hat die Bergische Universität, wie fast alle Wissenschaftsorganisationen in Deutschland, seit Mitte letzten Jahres keinen direkten Zugriff mehr.

Elektronische Zeitschriften sind eine teure Angelegenheit. Die Universitätsbibliothek hat – laut Rektoratsbericht 2018 – rund 2,3 Millionen Euro für den Erwerb von konventioneller und elektronischer Literatur und Informationen ausgegeben. Für die über 28.000 elektronischen Zeitschriften entfielen, nach Auskunft der Uni-Pressestelle, mit etwa 630.000 Euro über 27 Prozent der Gesamtaufwendungen. Wie viel davon auf Veröffentlichungen des Elsevier-Verlages entfallen sind, könne die Hochschulleitung aus vertraglichen Gründen nicht angeben. Dass die Kosten jedoch als zu hoch angesehen werden, zeigt die Unterstützung der Hochschulleitung für das Projekt DEAL der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

Projekt DEAL verhandelt um bessere Konditionen mit Elsevier, Wiley und Springer Nature

In Deutschland haben sich über 700 Wissenschaftsorganisationen und Hochschulen zum Projekt DEAL zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, bessere Konditionen mit den drei größten Wissenschaftsverlagen, Elsevier, Wiley und Springer Nature, auszuhandeln – im Falle der letzten beiden bereits mit Erfolg. Mit Elsevier, dem größten Akteur in diesem Sektor, ruhen die Verhandlungen hingegen seit 2018. Die Bergische Universität hat den „Vertrag mit Elsevier in Solidarität mit einer großen Zahl anderer Universitäten gekündigt, um die Verlagsleitung dazu zu bringen, von ihren völlig überhöhten Preisvorstellungen abzurücken.“ Die Folge davon ist, dass Wuppertaler Hochschulangehörige keinen direkten Zugang mehr auf Veröffentlichungen des Verlages haben.

Was fordert das Projekt DEAL von den Wissenschaftsverlagen?

Wer am Projekt DEAL beteiligt ist, soll „dauerhaften Volltextzugriff auf das gesamte Titel-Portfolio (E-Journals) der ausgewählten Verlage“ haben. Autor/-innen aus deutschen Einrichtungen bzw. deren Veröffentlichungen sollen „automatisch Open Access geschaltet (CC-BY, inkl. Peer Review)“ werden. Dabei soll eine „angemessene Bepreisung nach einem einfachen, zukunftsorientierten Berechnungsmodell, das sich am Publikationsaufkommen orientiert“ erfolgen. Mit Wiley erfolgte Anfang des Jahres eine Einigung samt Vertragsabschluss, den auch die Bergische Universität unterzeichnet habe. Mit Springer Nature arbeite das Projekt DEAL derzeit den Vertrag aus. Die Verhandlungen mit Elsevier wurden hingegen unterbrochen, da aus Sicht von DEAL die „Elsevier-Forderungen (…) für die Wissenschaft inakzeptabel“ sind.

Welche Auswirkungen hat der fehlende Elsevier-Vertrag auf die Forschung an der Wuppertaler Universität?

„In der Universitätsbibliothek gab und gibt es kaum Nachfragen aus den Fakultäten zur Verfügbarkeit von Elsevier-Artikeln“, heißt es von Seiten der Hochschulleitung. Wer dennoch einen Artikel braucht, dem steht „zur Deckung des Bedarfs die Fernleihe zur Verfügung, bei der allerdings auch keine quantitativen Auffälligkeiten zu verzeichnen waren / sind.“ Manch deutsche Einrichtung hat noch einen laufenden Vertrag mit Elsevier und somit Zugriff auf 2.500 Fachzeitschriften, sowie über 33.000 Bücher.

Das ist nicht die einzige Option: Ein Blog-Beitrag der Uni Münster beschreibt „Elf legale Wege an Elsevier-Artikel zu kommen“. Auch an der Uni Wuppertal gibt es Alternativen, wie Prof. Dr. Michael Günther vom Lehrstuhl für angewandte Mathematik / numerische Analysis aus persönlicher Sicht berichtet: „Viele meiner Kollegen haben auch die Möglichkeit, durch ihre Zugehörigkeit zu Großforschungseinrichtungen an zumindest einige der Elsevier-Zeitschriften zu kommen. Arbeiten in meinem Bereich sind meist über ArXiv lange vor der Veröffentlichung verfügbar, oder ich bekomme die Preprints direkt von den Autoren zugeschickt.“ Das Projekt DEAL sieht er „positiv, insbesondere die zentrale Übernahme der Publikationskosten für Open Access Publikationen“. Zugleich kritisiert er die Preispolitik des Verlages, die er als „nicht mehr bezahlbar“ betrachtet.

Wie geht es weiter?

Die Universitätsbibliothek der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) fasst die Situation folgendermaßen zusammen: „Trotz der bereits bestehenden, 40-prozentigen Umsatzrendite setzt der Verlag jedoch auf gigantische Preissteigerungen jenseits der bislang bezahlten Lizenzsummen. Zudem verweigert sich der Verlag kategorisch transparenteren Geschäftsmodellen, die auf der Publikationsleistung basieren und Publikationen offener zugänglich machen würden. Die Verhandlungen mit dem Verlag wurden daher bis auf Weiteres unterbrochen.“ Auch die HRK fordert „ein Ende der für die Bibliotheken ruinösen Preisentwicklung bei den wissenschaftlichen Zeitschriften.“

Es ist offenbar eine Frage des Geldes, auch aus Sicht von Elsevier, wie ein Vertreter des Verlages gegenüber dem Deutschlandfunk erklärte: So würden Publikationen aus Deutschland etwa sechs Prozent der Gesamtveröffentlichungen ausmachen. Die Einrichtungen hinter dem Projekt DEAL „wollen das bezahlen, was die deutschen Autoren veröffentlichen. Gleichzeitig aber wollen sie freien Zugang zu den verbleibenden 94 Prozent aus den weltweiten Inhalten, nicht aus Deutschland.“ Ein weiteres Problem sieht der Verlagsvertreter darin, dass deutlich mehr Einrichtungen Zugriff erhalten sollen, „ohne extra dafür zu bezahlen“ und „zu einem Preis (…), der geringer ist als die Gesamtsumme, die die deutschen Universitäten bisher bezahlen.“

Elsevier machte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro

Der weitere Verlauf ist ungewiss: Die Einigungen zwischen Projekt DEAL, Springer Nature und Wiley könnten Bewegung in die Verhandlungen mit Elsevier bringen. Zugleich macht der Verlag laut eigenen Angaben 2,8 Milliarden Euro Umsatz (2018), wozu der deutsche Markt lediglich sechs Prozent beiträgt, was die Verhandlungsbasis der DEAL-Initiatoren/-innen schmälert.

In einem offenen Brief an die Verhandlungsbeteiligten fordern indes über 40 Herausgeber/-innen von wissenschaftlichen Zeitschriften die schnelle Fortsetzung der Verhandlungen: „Seit dem Aussetzen der Verhandlungen ist für viele Forschende eine weitere Nutzung dieser für ihre Arbeit unabdingbaren Ressourcen nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich.“

An der Bergischen Universität Wuppertal scheint der fehlende Elsevier-Zugang derzeit zu keinen Problemen im Forschungsbetrieb zu führen. »mw«

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