Keine Infos – niedrige Wahlbeteiligung?

Einmal im Jahr wird an der Bergischen Universität Wuppertal das Studierendenparlament (StuPa) und alle zwei Jahre ein neuer Senat gewählt. Die Beteiligung unter Studierenden stagniert im einstelligen Prozentbereich. Werden diese unzureichend informiert?

In diesem Jahr haben nur etwa fünf Prozent der Studierenden an der StuPa-Wahl teilgenommen – etwas über 1.100 von knapp über 23.000 Wahlberechtigten. Immerhin mehr als zur Senatswahl Ende 2019: Hier gingen lediglich 3,1 Prozent der Studierenden zur Wahl – 0,3 Prozent weniger als noch 2017. „Durch Zufall habe ich mitbekommen, dass die Senatswahl ansteht. Innerhalb der Universität habe ich das nicht erfahren“, sagte eine Studentin der Politikwissenschaft unserer Redaktion zur Senatswahl im letzten Jahr. Sie führte weiter aus: „Zwar hängen irgendwelche Plakate, aber keins, das direkt auf die Wahl hinweist. Ich finde es schade, dass es nicht mal eine Infomail dazu gab. Das war bei der Abstimmung zur Seilbahn anders, obwohl die Info für nicht-Wuppertaler nicht so relevant war.“

Zu wenig Werbung für die Senatswahl?

Den Vorwurf, unzureichend über die Senatswahl im letzten Jahr informiert zu haben, möchte die Universitätsleitung so nicht stehen lassen. „Der Aufruf zur Gremienwahl erfolgte über Facebook, eine Insta-Story und über eine Pressemitteilung, die seit dem 2. Dezember 2019 online stand“, schreibt uns Uni-Sprecherin Jasmine Ait-Djoudi dazu. Sie betont: „Es ist erst die zweite Wahl, bei der die Wahlbeteiligung der Studierenden die drei Prozent-Hürde überhaupt überwunden hat.“ Das liege aus ihrer Sicht maßgeblich an der Bekanntmachung über die sozialen Medien. Zur vorletzten Senats-Wahl 2017, als die Beteiligung mit 3,4 Prozent noch etwas höher lag, versandte die Hochschule noch eine Wahlinformation per Rundmail.

Daran schließt sich eine Frage an: Hätten die Studierendenvertreter/-innen in AStA und StuPa selbst einen Wahlaufruf über die Universität verschicken können? Dazu haben wir im Rahmen des Projekts „Warum wählst Du?“ des Recherchezentrums CORRECTIV recherchiert. Gemeinsam mit weiteren studentischen Medien konnten wir dabei die Situation an einigen deutschen Hochschulen untersuchen.

Datenschutz schließt AStA und StuPa von einer direkten Nutzung des Uni-Mailverteilers aus

„Aus datenschutzrechtlichen Gründen sieht die Uni mittlerweile nicht mehr die Möglichkeit, uns durch Rundmails zu unterstützen“, schreibt uns Julia Schnäbelin (Juso HSG), Mitglied des scheidenden StuPa-Präsidiums.

Die Juso Hochschulgruppe sei „ziemlich frustriert“ über die fehlende Möglichkeit, alle Studierenden per E-Mail zu erreichen. Zwar versuche die Hochschulgruppe, mit Plakaten, Flyern und eigenen Social-Media-Aktivitäten zu werben: „Trotzdem sind diese Möglichkeiten alle eingeschränkt in ihrer Reichweite.“

Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) sieht hingegen im fehlenden Zugriff auf einen Uni-Mailverteiler „grundsätzlich kein Problem“. Der Vorsitzende Philip Rademacher zieht einen Vergleich zu den Kommunen: „Das Einwohnermeldeamt gibt keine Daten zum Zwecke von Wahlwerbung etc. an politische Parteien oder deren Vertreter in Gremien weiter. Das ist unserer Meinung auch richtig so.“ Die Verbreitung von Wahlbenachrichtigungen sei laut Rademacher ausreichend: „Für spezielle (hochschul-)politische Ansichten sollte der Verteiler auch in Zukunft nicht zur Verfügung stehen.“

Die Linke.SDS hat hingegen zahlreiche Wünsche an die Hochschulleitung. Dazu gehört, „dass die Bewerbung von AStA-Veranstaltungen oder Wahlen über die UniApp einfacher wird“. In der Informations-App der Bergischen Universität, die für Android- und Apple-Geräte verfügbar ist, soll es nach Vorstellung des SDS einen festen Reiter für Hochschulpolitik geben. „Genauso sollte es möglich sein, über einen E-Mail-Verteiler an alle Studierenden über die Wahlen und deren Ergebnisse zu informieren.“ Auch eine Willkommens-E-Mail für Erstsemester-Studierende solle es geben, die „über den Senat, das StuPa und den AStA aufklärt und zeigt, wie die Universität von ihren Studierenden mitgestaltet werden kann“.

Die Linke.SDS wünscht sich mehr hochschulpolitische Informationen in der Uni-App © mw

Eingeschränkte Nutzung der uni-eigenen Social Media-Kanäle möglich

Uni-Pressesprecherin Jasmine Ait-Djoudi bietet den Studierendenvertreter/-innen eine mögliche Alternative an: „Die Universitätskommunikation unterstützt – wie schon bei der Gremienwahl – gerne.“ Rundmails an Studierende könnten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht versandt werden, doch bestehe die Möglichkeit, über die Social-Media-Kanäle der Universität auf Gremienwahlen hinzuweisen. „Hierbei muss die Studierendenschaft auch selbst die Initiative ergreifen und den Content zur Verfügung stellen.” Auch bestehe die Möglichkeit, Inhalte im Uni-eigenen Newsletter („Campus News“) zu platzieren. Diese Möglichkeiten hätten die Studierendenvertreter/-innen laut Ait-Djoudi etwa zur Senatswahl nicht wahrgenommen.

Eine Einschränkung formuliert die Universität jedoch: Für hochschulpolitische Positionen und Inhalte, die über Wahlinformationen und Eventankündigungen hinausgehen, gebe es keinen Platz. Dies gelte jedoch nicht nur in Richtung Studierendenschaft, sondern generell für die Social-Media-Kanäle der Universität.

Reizen die studentischen Gremien ihre eigenen Möglichkeiten aus?

StuPa und AStA betreiben eigene Kommunikationskanäle – auch wenn sie diese zum Teil eher spärlich nutzen.

Im letzten Jahr hat der noch amtierende und von der Juso Hochschulgruppe und Die Liste getragene AStA lediglich drei Nachrichten auf der eigenen Webseite veröffentlicht – zwei Stellenausschreibungen und das Ergebnis der StuPa-Wahl 2019. Das letzte zu einer AStA-Sitzung veröffentlichte Protokoll stammt von Juni 2019. Im gleichen Monat endeten auch die Twitter-Aktivitäten des AStA. Immerhin 34 Einträge finden sich über das gesamte Jahr verteilt im AStA-eigenen Instagram-Account. Auf Facebook sind die Studierendenvertreter/-innen wesentlich aktiver und schaffen dieselbe Anzahl an Beiträgen alleine in den Monaten November und Dezember 2019.

Was die Präsenz auf der eigenen Website angeht, ist das Studierendenparlament aktueller aufgestellt. Sitzungstermine und Tagesordnungen sind vollständig vorhanden und Protokolle werden zeitnah – oft schon in einer vorläufigen Fassung – veröffentlicht. Die eigene Facebook-Seite hingegen wurde 2018 eingerichtet und lediglich wenige Monate genutzt. Weitere Kanäle konnten wir nicht finden.

Rundmails würden alle eingeschriebenen Studierenden erreichen

Die Bergische Universität hat auf Facebook über 20.000 Abonnent/-innen. Auf Instagram folgen ihr über 11.000 Nutzer/-innen, auf Twitter lediglich 700. Die potenzielle Reichweite ist jedoch um ein Vielfaches größer als die des Allgemeinen Studierendenausschusses. Seine Nutzer/-innen-Zahlen lauten: fast 3.500 auf Facebook, über 1.100 im verwaisten Twitter-Account und fast 1.300 auf Instagram. Weder über die Social-Media-Kanäle der Universität noch über die des AStAs dürften alle Studierenden erreicht werden können.

Auf der anderen Seite verfügen alle Studierenden über eine @uni-wuppertal.de-Mailadresse, die sie zumindest einmal im Semester abrufen, wenn die Information zur Rückmeldung bzw. zur Zahlung des Semesterbeitrags von Seiten des Studierendensekretariats eingehen. Darüber hinaus benötigen Studierende die Adresse zur Nutzung der verschiedenen Uni-Lernplattformen. Mit einer Rundmail werden alle eingeschriebenen Studierenden erreicht.

Andere ASten haben meist eingeschränkten Zugriff auf universitäre Mailverteiler

Wie unsere gemeinsame Recherche mit anderen Studierendenmedien zeigt, haben ASten häufig nur einen eingeschränkten Zugang auf universitäre Mailverteiler. Die Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (bsz) hat recherchiert, dass die Studierendenvertretung der Ruhr-Universität E-Mails über das Studierendensekretariat an alle Studierenden versenden lassen kann. Allerdings nur, wenn das Rektorat den Inhalt als relevant bewertet, was bisher etwa für Wahlbekanntmachungen galt.

Anders als in Bochum sieht es an der Humboldt Universität zu Berlin (HU) aus. Die dortige Campuszeitung UnAufgefordert hat herausgefunden, dass der ReferentInnen Rat (RefRat), wie der AStA dort heißt, selbst E-Mails an alle Studierenden versenden kann – jedoch mit strikten inhaltlichen Einschränkungen, die lediglich Wahlinformationen und Terminhinweise erlauben, jedoch keinen „Newsletter“ zu den eigenen hochschulpolitischen Aktivitäten.

Der Studierendenrat (Stura) der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena unterliege solchen Einschränkungen nicht. Dieser habe laut Recherche der Hochschulzeitung akruetzel vollständigen Zugang zu einem Mailverteiler mit allen Studierenden. Die dafür erforderliche Vertrauensbasis zwischen Studierenden- und Hochschulvertreter/-innen sei über Jahre aufgebaut worden, berichtet die dortige Uni-Redaktion. »mw«

CORRECTIV-Rechercheprojekt:
„Warum wählst Du?“

Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation mit dem gemeinnützigen Recherchezentrum CORRECTIV. Im Rahmen des Rechercheprojekts „Warum wählst Du?“ untersucht CORRECTIV zusammen mit 24 studentischen Partnermedien die Situation der Demokratie an deutschen Hochschulen.

Mehr Informationen unter: correctiv.org

An dieser Recherche sind beteiligt – die Links verweisen auf die jeweiligen Beiträge:

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  1. Die Antwort vom RCDS ist doch Quatsch. Dieses Semester konnten ja nicht einmal Wahlbenachrichtigungen per Mail-Verteiler verschickt werden. Im Jahr davor ging das noch, allerdings erhielten auch bei diesem Verteiler aus unerklärlichen Gründen einige Studierende nicht die Benachrichtigung…

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