Wahlmanipulation? Chronologie der Ereignisse zur StuPa-Wahl 2017

In der Woche vom 16. bis 20. Januar 2017 hatten die rund 22.000 Studierende der Bergischen Universität Wuppertal die Möglichkeit, ein neues Studierendenparlament (StuPa) zu wählen. Zur Wahl standen 83 Kandidatinnen und Kandidaten verteilt auf sechs Wahllisten. Am Freitagabend, dem letzten Wahltag, fand auf der AStA-Ebene (ME.04) die Auszählung der Stimmen statt. Dabei fielen Unregelmäßigkeiten auf: Insgesamt seien in den Urnen 245 nicht registrierte Stimmen festgestellt worden. Bei 1486 abgegebenen Stimmen würden diese rund 16% ausmachen und somit erheblichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben.

blickfeld hat nun eine chronologische Zusammenfassung der Ereignisse veröffentlicht, die fortlaufend aktualisiert wird (zum 1. Eintrag):

7. Februar 2017: Der Vorsitzende des Wahlausschusses, Nuno Pereira Vaz, hat der Westdeutschen Zeitung zum „Wahlbetrug an der Uni“ ein Interview gegeben: „Wir wollen die Wahl sicherer machen“

Wer hatte Zugang zum Wahlbüro?

1. Februar 2017: In seiner Stellungnahme äußert der Wahlausschuss „begründete Vermutungen zum Ablauf der Manipulation“ der Wahl und formuliert den Verdacht, dass aufgrund des Alters des Wahlbüro-Schlosses weitere Schlüssel im Umlauf sein könnten, wodurch die Möglichkeit gegeben sei, dass unberechtigte Dritte Zugang zum Wahlbüro des Wahlausschusses hatten.

Konfrontiert mit dieser Vermutung erklärte eine Uni-Sprecherin gegenüber blickfeld, dass das Schloss zum Wahlbüro extra für die StuPa-Wahl durch einen mechanischen Zylinder aus einer CES-Schließanlage ausgetauscht worden sei, wodurch nur „autorisierte Personen Nachschlüssel erhalten“ könnten. Insgesamt gäbe es für die Tür lediglich zwei Einzelschlüssel, von denen einer an den Wahlausschuss und der zweite an niemanden ausgegeben worden sei. Darüberhinaus hätten alle Personen, „die qua Amt über einen Generalschlüssel (so die Hausmeister, Gebäudedezernent) verfügen, Zugang zu dem Raum.“

Vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen durch den Staatsschutz wollte der Wahlausschuss die Stellungnahme der Universität nicht weiter kommentieren.

Gegen die StuPa-Wahl 2017 wurden zwei Anfechtungen eingereicht

31. Januar 2017: Der CampusZeitung blickfeld liegen nun die Wahlanfechtungen des Wahlausschusses sowie aller zur StuPa-Wahl angetretenden Listen vor.

30. Januar 2017: Wie der Wahlausschuss heute mitteilte, sind am Wochenende „zwei Wahlanfechtungen fristgerecht eingegangen.“ Einerseits hätten die sechs zur Wahl angetretenen Listen die Wahl angefochten, andererseits auch der für die Durchführung verantwortliche Wahlausschuss selbst, vertreten durch seinen Vorsitzenden Nuno R. Pereira Vaz. Beide Anfechtungen müssen vom noch zu bildenden Schlichtungsrat im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens bearbeitet werden. Der Schlichtungsrat entscheidet auch darüber, ob es Neuwahlen gibt.

27. Januar 2017: Der WDR berichtet über die mutmaßlich manipulierte StuPa-Wahl und greift das Thema sowohl in der Lokalzeit Bergisches Land (Beitrag zeitlich begrenzt verfügbar) als auch online per Filmbeitrag auf seiner Facebook-Fanpage auf.

Staatsschutz ermittelt wegen Wahlfälschung

25. Januar 2017: Die Wuppertaler Polizei bestätigte gegenüber blickfeld den Eingang einer Anzeige im Zusammenhang mit der StuPa-Wahl. Für das Ermittlungsverfahren wegen Wahlfälschung zeichnet sich nun der Staatsschutz verantwortlich. Laut einer vom Wahlausschuss veröffentlichten Stellungnahme heißt es zudem: „Die Urnen, alle Wahlzettel und sämtliche die Wahl betreffenden Unterlagen befinden sich zur kriminal-technischen Untersuchung in der Obhut der Kriminalpolizei.“

Ferner bezieht der Wahlausschuss ausführlich Stellung zum Ablauf der diesjährigen StuPa-Wahl: Einerseits wird erklärt, dass das Mitglied der Juso HSG, auf das die „überzähligen Stimmen (…) zu einem überwältigenden Anteil“ entfallen, „nicht für die vorliegende Manipulation des Wahlergebnisses verantwortlich ist“, sondern diese „nach Wahrnehmung des Wahlausschusses nach, von Elementen herbeigeführt“ wurde, um die betroffene Person „persönlich zu diskreditieren und Neuwahlen herbeizuführen.“ Andererseits entgegnen die Ausschussmitglieder hinsichtlich ihres eigenen Anteiles am Wahlergebnis: „Zu keinem Zeitpunkt hat der Wahlausschuss Nachlässigkeiten oder gar fahrlässiges Handeln bei der Durchführung der Wahl zugelassen“ und erklärt in diesem Zusammenhang, dass „sogar mehr Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, als in der Wahlordnung verlangt werden.“ Im weiteren Verlauf der Stellungnahme äußert der Wahlausschuss „begründete Vermutungen zum Ablauf der Manipulation“ und führt diese in fünf Punkten aus.

Die Westdeutsche Zeitung hat ferner auch einen Bericht veröffentlicht: „Staatsschutz ermittelt wegen Wahlfälschung an der Uni

Hochschulleitung ist „über die Vorfälle nicht glücklich“

24. Januar 2017: Die Hochschulleitung äußert sich per Pressemitteilung zur diesjährigen StuPa-Wahl und erläutert darin den rechtlichen Rahmen sowie das weitere Vorgehen entsprechend der Satzung der Studierendenschaft (SdS). Ferner erklärt die Hochschulleitung, dass sie „unabhängig von den formalen Zusammenhängen […] über die Vorfälle nicht glücklich“ sei. Zudem bestehe die Gefahr, dass Teile der „engagierten Studierendenschaft in der Öffentlichkeit durch das Handeln von Einzelpersonen in Misskredit geraten könnten. Das fände die Hochschulleitung nicht nur für die Studierenden, ihre politische Vertretung und gesetzlich bestimmte Selbstverwaltung, sondern auch für die gesamte Universität überaus bedauerlich.“

23. Januar 2017: Im Rahmen einer Kurz-News greift Radio Wuppertal unter der Überschrift „Uni-Wahl erneut manipuliert?“ die Vorkommnisse der StuPa-Wahl 2017 auf.

Die Hochschulgruppen äußern sich zur StuPa-Wahl 2017

21. Januar 2017: Die Juso Hochschulgruppe, der RCDS sowie die Liste LuF (Liberale und Freibeuter) gaben heute jeweils eine Stellungnahme zum StuPa-Wahlergebnis sowie zu den festgestellten Unregelmäßigkeiten heraus. „Profiteure“ der 245 nicht registrierten Stimmen scheinen die Jusos zu sein: „Für eine Person unserer Liste wurden unrealistisch viele Stimmen abgegeben, was alle zur Wahl angetretenen Listen – insbesondere wir – auf äußere Einflüsse zurückführen, weshalb auch der Wahlausschuss unverzüglich Kontakt mit der Polizei aufgenommen hat.“ Ähnlich äußert sich auch die Liste LuF: „Ein Mitglied der Juso HSG erhielt so überdimensional viele Stimmen, dass dieses Mitglied selbst den rechtmäßigen Ablauf der Wahl sofort anzweifelte.“ Die LuF will dabei „kein Mitglied der Juso HSG des Wahlbetrugs bezichtigen“, geht „wie alle anderen Gruppen“ von „einem offensichtlichen Fehler aus“ und äußert „sich klar für eine Neuwahl“. Auch der RCDS forciert mit Bezug auf die Wahlordnung eine Wahlwiederholung, da angesichts der Stimmdiskrepanz „das so erreichte Gesamtergebnis der Wahlen zum Studierendenparlament 2017 für nicht gültig zu betrachten ist.“
Die Wuppertaler Rundschau greift die Mitteilung der Juso Hochschulgruppe auf und veröffentlicht einen Beitrag auf ihrer Online-Präsenz.

Wahlausschuss stellt während des Stimmauszählung Unregelmäßigkeiten fest

20. Januar 2017: Am Abend des letzten Wahltages zählte der Wahlausschuss nach Schließung der Wahllokale unter Anwesenheit zahlreicher Kandidatinnen und Kandidaten die Stimmen aus. Während laut Wahldokumentation 1241 Stimmen abgegeben wurden, was einer Wahlbeteiligung von 5,64% entspricht, fand der Ausschuss nach eigenen Angaben 1486 Stimmzettel in den Wahlurnen, was eine erhebliche Diskrepanz darstellt. In der anschließenden Ergebnispräsentation hat der Ausschuss auf diese hingewiesen und ergänzt, dass sich die Unregelmäßigkeiten auf die Wahlstandorte Haspel und Grifflenberg beschränken. Im gleichen Zuge empfahl er Neuwahlen für diese beiden Standorte. Noch am gleichen Abend konsultierten die Verantwortlichen des Wahlausschusses die Polizei und erstatteten Anzeige wegen Wahlbetruges. »mw«

Aus der Präsentation des Wahlausschusses

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