Ein echter Oldie: Werner Zink, ehemaliger Diplom-Student der Physik, begann 1997 sein Studium.
Über 17 Jahre verbrachte der gebürtige Franke in Wuppertal. Im Wintersemester 1997/98 schrieb sich der gelernte Feinmechaniker damals noch an der Universität-Gesamthochschule Wuppertal ein. Im Wintersemester 2014/15 schloss er sein Physikstudium als einer der letzten Diplom-Absolventen ab und kehrt nun zurück in seine Heimat. Gemeinsam mit blickfeld ließ er seine Uni-Laufbahn Revue passieren.
Ein Franke kommt nach Nordrhein-Westfalen
Seine Ausbildung absolvierte Werner bei einem großen Technologiekonzern in Erlangen. Durch Personalabbau verlor er seine dauerhafte Beschäftigung. Und was jetzt? „Physik und Astronomie haben mich schon immer fasziniert. Ich informierte mich darüber, wo ich das studieren kann.“ Bereits vor der Ausbildung sattelte Werner von der Mittleren Reife zur Fachhochschulreife auf. Als Studienstandorte kamen u.a. Fachhochschulen in München oder Österreich in Frage. „Dann hörte ich von den Gesamthochschulen in NRW, hier konnte ich mit meinem Abschluss an einer Universität studieren. Außerdem ist Wuppertal deutlich günstiger als München und mit der Nähe zu Köln, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet gab es die Möglichkeit, viel zu entdecken“, begründet Werner seine Studienortwahl. Mit Heimatgefühlen hätte er dabei wahrlich nicht gerechnet. „Hier gibt es Berge wie in der fränkischen Schweiz“, stellte er beim ersten Besuch fest und damit war klar: „Wuppertal wird es!“
Bildungsstreik und Mensakarussell, aber bloß keinen Fisch!
Im Studiengang war es überschaubar. „Schnell bildeten sich erste Freundschaften und auch der Kontakt zu den Dozenten war sehr persönlich“, beschreibt Werner seinen Einstieg. Erste Warnungen wurden ausgesprochen: „Fisch in der Mensa, so hieß es, sei ungenießbar und verursache nur Probleme“, verrät Werner mit einem Augenzwinkern. Gerade die Mensa hat sich in den letzten Jahren verändert. Wo heute nette Bedienstete des Sozialwerkes das Essen ausgeben, drehten früher die fertig portionierten Essenstabletts ihre Runden auf Drehkarussells. „Manchmal auch ein paar Runden zuviel“, wie Werner ergänzt.
An den Bildungsstreiks hat er aktiv teilgenommen. „Wir wollten die Einführung von Studiengebühren verhindern. 1997 ging an der Hochschule über mehrere Wochen nichts. Die Professorenriege war gespalten und unter den Studierenden gab es Streikbrecher. Uns wurde die Räumung durch die Polizei angedroht“, fasst Werner den ersten Streik zusammen. Geräumt wurde zwar nicht, aber die Studiengebühren kamen mit Verspätung zum Sommersemester 2004 als Studienkontenmodell, also nur für Langzeitstudierende. 2009 wurde wieder landesweit gestreikt, diesmal für die Abschaffung der Studienbeiträge, die rund drei Jahre zuvor eingeführt wurden und von jedem Studierenden zu zahlen waren. „Erneut stand ich am Haupteingang der Uni und ließ niemanden rein.“ Von Polizei war diesmal keine Rede, die Uni war eine Woche lang dicht, zum Wintersemester 2011/12 fielen schließlich die Studiengebühren.
Die Uni im blauen Dunst bei zwei Partys pro Woche
Überhaupt hat sich vieles während Werners Studiums verändert. Zu Beginn seiner Uni-Zeit gab es vor der Mensa noch den Uni-Teich, Rauchen im Gebäude war kein Problem und das Vorlesungsverzeichnis gab es in Buchformat und wurde an die Studierenden verkauft. Zwei Mal pro Woche schmiss der AStA seine berüchtigten ASti-Partys, die es heute nicht mehr gibt. „Auch im Tal war jede Menge los!“ Das Gegenüber in Elberfeld wurde Werners Stammlokal. „Das war eine kleine Hütte mit einem Partykeller und lockerem Ambiente, in dem am Wochenende immer Remmi-Demmi mit richtig vielen Leuten war“, erinnert sich Werner. Leider schloss das Gegenüber vor rund zehn Jahren und wich einem Parkplatz.
Kam es mal vor, dass Uni und Tal partyfrei waren, ging immer noch was im Wohnheim, deren Bild Gemeinschaftsküchen, zentrale Klos und Duschen aber auch die bis heute beliebten Partys unterm Glasdach prägten. „Dort als Mieter reinzukommen war schon damals schwierig.“
Viel ausprobiert und Generationen von Studierenden kennengelernt
35 Semester, da neigen Menschen zu Vorurteilen, die oft nicht zutreffen. Werner hat während seines Studiums viel ausprobiert und Kurse – heute offenbar undenkbar – „just for fun“ belegt: „Am Sprachlehrinstitut habe ich Französisch, Schwedisch, Italienisch und Latein gelernt.“ Dass Wuppertal eine grüne Oase ist, schätzt er besonders: „Kaum gehst du um die Ecke, kommst du von der Großstadt in die pure Natur.“ Lange vor der Critical Mass und der Nordbahntrasse fuhr er per Fahrrad durchs Tal. Der Freudenberg war da noch kein Campus und die Reste der Wuppertaler Straßenbahn sichtbar.
Erst kam Werner mit Gelegenheitsjobs, meist Montage, finanziell über die Runden. Später fing er bei einem Wuppertaler Fahrstuhlhersteller in der Entwicklungsabteilung an, in der er noch bis vor Kurzem arbeitete.
Besondere Leidenschaft und viel Engagement steckte er in zahlreiche Uni-Projekte hinein. Gut ein Jahrzehnt arbeitete er ehrenamtlich in der Fachschaft Physik. Außerdem begründete er die Neuauflage des Cafés am Ende des Universums, die Kaffeetankstelle auf Ebene N.10, 2008/09 mit. „Eine Wohlfühloase für Studierende“, wie er sie nennt. Das finden viele, gerade weil sie dort auf Werner trafen. Vor und hinter der Theke wird sein ausgleichendes und ruhiges Wesen geschätzt, was schon vielen Kommiliton/innen über so manche (Uni-)Krise hinweggeholfen hat.
Was wird fehlen?
Diese Freundschaften werden ihm fehlen, gerade die im „Universumscafé“, ebenso die kurzen Wege in die Natur, seine Chillout-Runden im Milia’s, einfach Wuppertal. Er merkt, dass der Druck auf die Studierenden steigt: „Die meisten sind auf ihr Studium fixiert, möglichst ganz schnell zum Abschluss zu kommen. Da bleibt keine Zeit für das Drumherum. Dabei gibt es so viel zu entdecken, so viel auszuprobieren und Möglichkeiten, sich hier und da zu engagieren.“ Werner wünscht sich, dass die Studierenden wieder mehr über den Tellerrand hinausschauen.
Er wird sich nun beruflich neu orientieren: „Der Bereich Energietechnologien und erneuerbare Energien interessiert mich sehr.“ Wir wünschen Werner dabei alles Gute und hoffen, ihn in Uni und Tal noch oft als Besucher begrüßen zu dürfen! »mw«
Titelbild: Werner im Jahr 2006 © Werner Zink