Deutsch als Fremdsprache in der Schule in Uganda
Die deutsche Sprache hat Mariam in der Schule kennen- und lieben gelernt. Sie besuchte eine der wenigen Schulen in Uganda, die diese aus ihrer Sicht „exotische“ und deshalb spannende Sprache anboten. Es blieb nicht bei ersten Ausdrücken wie „Guten Tag“, „Guten Morgen“ und „Wie geht es dir?“. Die Deutsche Botschaft in Uganda organisierte zu der Zeit einen Vortragswettbewerb für Gedichte. Mariam, die gerne auf der Bühne steht, hat fünf Mal am Wettbewerb teilgenommen und ihn vier Mal gewonnen.
Auch danach blieb sie der Sprache treu und studierte bis 2005 an der Makerere Universität in ihrer Heimat den Bachelor of Education in den Fächern Geografie und Germanistik. Parallel dazu absolvierte sie im Herbst 2004 einen mehrwöchigen Sprachkurs an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und schloss ihn mit den Sprachniveaus B2 und C1 ab. „Während es andere Kommilitonen eher nach Amerika oder England zog, ich selbst habe auch Familie in London, wollte ich etwas anderes sehen. Zudem liebe ich die deutsche Sprache und freute mich darauf, meine Kenntnisse zu verbessern.“
Schwierige Sprachpraxis:
Deutsch ist nicht gleich deutsch
Als sie mit 21 Jahren ihr Studium abschloss, kam die Frage auf, wie es nun in ihrem Leben weitergehen sollte. Üblicherweise stünde jetzt die Familiengründung an. Mariam entschied sich anders, stieg beruflich für ein Jahr bei einem von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geförderten Schulförderungsprojekt in ihrem Land ein und übernahm Aufgaben in den Bereichen Kommunikation und Organisation. Im Anschluss ging sie als Au-pair nach Wuppertal, absolvierte das Kleine Deutsche Sprachdiplom (KDS) am Goethe Institut und machte sich Gedanken über ein Studium. Ihre Wahl fiel schließlich auf die Bergische Universität. „Mein Freundeskreis hat mich davon überzeugt. Zudem mag ich an Wuppertal vor allem, dass es nicht zu groß ist.“
Was Mariam anfangs Probleme bereitete war das alltägliche Deutschsprechen, denn „während wir uns in der Schule und an der Universität vor allem mit Goethe und Schiller auseinandergesetzt und einige Floskeln, wie die Frage nach dem Weg, gelernt haben, hat mich der alltägliche Sprachgebrauch etwas überfordert und entmutigt.“ Geholfen hat ihr unter anderem ihr 6-jähriges Au-pair Kind: „Sie hat mich öfters korrigiert und mir viele Ausdrücke beigebracht.“
Unterschiede zwischen einem Studium in Deutschland und Uganda
Mariam schrieb sich in den Kombi-Bachelor Anglistik und Germanistik ein und konnte sich dabei einige Leistungen aus Uganda anrechnen lassen. Finanziert hat sie sich durch verschiedene Nebenjobs, unter anderem als Englisch-Kursleiterin an der Volkshochschule und Hilfskraft am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik. Seit dem Beginn ihres Masterstudiums in 2012 wurde sie Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und wurde anschließend in die Promotionsförderung aufgenommen.
Der Einstieg ins Studium fiel ihr dennoch zunächst schwer: „Es gab nicht viele internationale Studierende. Alle anderen blieben eher unter sich und wohnten oft nicht einmal in Wuppertal, was erste Kontakte schwierig machte.“ Das zog sich vier Semester lang so, bis Bekanntschaften aus Uni-Veranstaltungen zu Freunden wurden. Darum hat sie sich anfangs einsam gefühlt, gerade in der Mensa: „Wenn man in Uganda alleine gegessen hat, ist immer jemand dazugekommen. Das ist hier nicht so – zum Teil auch, weil man aus Höflichkeit niemanden beim Essen stören möchte.“ Doch Mariam wurde initiativ und ging zum Hochschulsport: „Das große Programm hat mich angesprochen, seitdem besuche ich regelmäßig Aerobic oder das Zirkeltraining.“
Anders hat sie die Lehrenden kennengelernt: „Die Dozenten waren von Anfang an sehr offen und freundlich. Das Besondere hier ist, dass man in den Sprechstunden auch tatsächlich mit dem Professor oder der Professorin reden kann. In Uganda trifft man meist nur auf die Sekretärin.“ Überhaupt gebe es so einige Unterschiede zwischen einem deutschen und ugandischen Studium: „Hier muss man nicht so viel auswendig lernen und man arbeitet die meiste Zeit in der Bibliothek.“ In Uganda sei das Studium durch einen festen Stundenplan vorgegeben: „Die freie Auswahl der Uni-Veranstaltungen nach eigenen Interessen hat mich anfangs etwas überfordert, doch es gefällt mir sehr.“
Mehr Unterschiede: Pünktliche Busse und große Brot-Theke
2012 schloss sie ihren Bachelor ab, 2014 folgte der Master of Education-Abschluss, ein Lehramtsstudium, „damit ich mir die Option offen halten kann, in die Schule zu gehen.“ Ohne Referendariat ging es für sie unmittelbar mit der Promotion in der Anglistik weiter. Sie forscht zur „Afrikanischen Diaspora“ und wie diese in Romanen, aber auch auf YouTube und in nicht-fiktionalen Texten inszeniert wird. Daneben berät sie beim Zentrum für Graduiertenstudien (ZGS) internationale Promovierende an der Bergischen Universität. Mit denen besucht sie auch regelmäßig das Angebot der Wuppertaler Bühnen oder lokale Museen, wie das Von-der-Heydt Museum. Bis zum Ende des Masters war sie bei der hiesigen Unicef-Hochschulgruppe aktiv und organisierte während des Bachelors mit Studierenden der Anglistik regelmäßig Poetry-Slams.
Was ihr während ihres Studiums aufgefallen ist: „Die Busse hier sind pünktlich und die Leute schauen schon auf die Uhr, wenn sie sich nur um fünf Minuten verspäten. In Uganda gibt es keinen festen Fahrplan und der Matatu-Bus kommt irgendwann.“
Große Verwunderung gab es während ihrer Au-pair Zeit in puncto Termine: „Großeltern machen Termine aus, wenn sie ihre Enkelkinder besuchen möchten. In meiner Heimat kommt man einfach vorbei und ist wesentlich spontaner.“ Bäckereien erlebte sie anfangs als hektisch: „Da wird zügig bestellt und bezahlt. Dabei war ich von der riesigen Brotauswahl erschlagen. Als erstes konnte ich mir das Berliner Landbrot merken, was ich damals für meine Au-pair Familie bestellt habe,“ erzählt sie schmunzelnd.
Die Vorzüge von Wuppertal und Europa
Münster, München, Berlin, Prag, Wien, London, Paris, Mailand und viele mehr … Mariam mag es, sich Großstädte anzuschauen und miteinander zu vergleichen. Insbesondere fasziniert sie die Europäische Architektur, die im Kontrast zu ugandischen steht, die „eher von der indischen Architektur geprägt ist, wie beispielsweise in der Stadt Old Kampala zu sehen ist.“ Was sie dabei auch sehr wertschätzt: „Innerhalb Europa kann ich mich frei bewegen und reisen.“
An Wuppertal mag sie, dass sie hier schnell in der Natur ist. Zudem joggt sie oft auf der Nordbahntrasse oder fährt dort mit dem Fahrrad. „Darüber hinaus kann man hier günstig wohnen.“ Was natürlich für Faszination – gerade in ihrer Familie sorgt – ist die Schwebebahn: „Als meine Mutter mich vor zwei Jahren hier besucht hat, fuhren wir einmal entlang der Wupper.“ Ihre Begeisterung für verschiedene Kulturen schlägt sich auch in ihrer Experimentierfreude für die internationale Küche nieder: „Ich mag Sushi und Burger genauso wie Sauerbraten mit Rotkohl und Knödeln.“ Der heimatliche Gaumen ist stark geprägt von der indischen Küche. Mariam kocht gerne, wenn Freunde zu Besuch kommen. Ansonsten ist der Speiseplan typisch studentisch geprägt mit „Nudeln, Bolognese und Linsensuppe.“
Heimweh in der kalten Jahreszeit
„Ich habe immer noch Heimweh, was vor allem mit dem Klima hier in Deutschland zu tun hat – gerade in den kälteren Monaten. In Uganda ist der Dezember, pünktlich zu Weihnachten, einer der heißesten Monate und man feiert im Freien. Hier hingegen wird es im Winter schnell dunkel. Umso mehr freue ich mich auf den Frühling, wenn die Sonne wieder scheint.“ Was sie nach der Promotion machen möchte, deren Abschluss sie für 2019 plant, weiß sie noch nicht genau: „Es gibt viele Möglichkeiten. Ich lasse es einfach auf mich zukommen.“ »mw«
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