„Aus Scheiß geilen Scheiß machen“: Bastelstunde für Erwachsene im LOCH

Unweit von der Stadtbibliothek im Luisenviertel, im Gebäude des Wuppertaler Jugendrings, ist das LOCH. Die Location mit wechselndem Kulturprogramm lud am vergangenen Sonntag zur Mischpoke/ Aerobic Edition ein. Während Rhododendron, Bartel b2b Tunis, Dj Vibe-a-Lot und Th!nk Different an den Turntables auflegten, gab es "Mbasteln" mit Philine Halstenbach, aka nitroglitzerine. blickfeld-Redakteur Martin war dabei und hat munter mitgebastelt.

Der Bass wird lauter, das LOCH kommt immer näher und kaum bin ich durch den Eingang, werden aus dumpfen Klängen elektronische Sounds. Die Stimmung ist entspannt. Der Geruch von frischen Waffeln liegt in der Luft. Gegenüber den süßen Leckereien wird gebastelt. Konzentriert sitzen Kinder und Erwachsene am Tisch – ihre Materialien: alte Verpackungen, Joghurtbecher, Büroklammern und ganz viel Glitzer. Fantasielose Banausen würden sagen, jemand habe seinen Müll auf dem Tisch ausgekippt – für Philine liegt hier der Stoff für neue (Miniatur-)Welten.

Aus allem einen Raum machen

Dafür sammelt sie schon ihr ganzes Leben, wie sie erzählt und erfüllt sich mit diesem Kurs einen persönlichen Traum. Neben Schrauben, alten Elektrokabeln und Knöpfen findet sich in ihren Setzkästen und größeren Kisten sogar ein Kieferabdruck ihrer Schwester aus Kindertagen. Diesen nutzt sie heute für ihre Kunstkurse zum Zeichnen von Stillleben. Gesammelt wird alles, was nicht verderblich ist. Ihr erstes Werk des Tages ist eine Kommode aus Streichholzschachteln. Andere Teilnehmer/-innen haben eine winzige Partylocation samt DJ-Pult, oder ein kleines Schweinchen auf einer Farm gebastelt. „Ich liebe es, zu sehen, was Menschen aus den Dingen machen, die ich mitbringe“, sagt Philine. Ihre Begeisterung für kleine Dinge, die zur großen Kreativität anregen, hat sie bereits seit ihrer frühesten Jugend. „Als Kind habe ich immer Kisten ausgekippt und darin Räume, mit allen Dingen, die ich gefunden habe, eingerichtet. Später, während meiner Uni-Zeit, habe ich das – egal ob beim Zeichnen oder Fotografieren – so fortgesetzt.“ Wie ein (großer) Raum von Philine aussieht, habe ich während der Auftaktveranstaltung ZÜNDSTOFF – am Ende des blickfeld-Artikels gibt es eine kleine Galerie – des Startups Feuerstack Events gesehen.

Fast eine Stunde nicht aufs Handy geschaut

Die Kursteilnehmer/-innen mussten aber nicht zwingend Räume und kleine Möbel basteln. „Das ist nur eine Inspiration“, betont Philine. So entstehen zum Beispiel ein Astronaut und eine Biene. Ich setze mich dazu und wühle durch die ersten Dinge. Neben mir richtet Karo gerade ein Wohnzimmer in einem Schuhkarton ein. Sie bastelt an einem Kleiderständer. Gleichzeitig wird es auf der anderen Seite der Location sportlich. Wer nicht bastelt, ist beim Dance-Aerobic aktiv. Mein Blick kehrt zurück zum Basteltisch. Ein kleiner Karton rückt in meinen Fokus. Ich schneide eine Seite auf und falte zwei Türen hinein, während ich die übrigen Außenwände mit grüner Folie beklebe. Ein Stück Pappe wird zu einem Regalboden, während ich ein Q-Tip zu einer Kleiderstange zurechtschneide. Während ich die Türen mit einem blauen Filz beklebe, ein Dach auf meinen Schrank platziere und kleine Schräubchen als Türgriffe hineindrehe, merke ich, wie auf einmal fast eine Stunde vergangen ist. Ganz vertieft in die Bastelei habe ich nicht einmal aufs Handy geschaut.

Was Erwachsene von Kindern lernen können

Philine hat den gleichen Kurs bereits einmal ausschließlich für Kinder im Kunstmuseum Solingen gegeben. „Erwachsene arbeiten, wenn sie die Blockade in ihrem Kopf gelöst haben, oft genauer, als Kinder. Die hingegen können sich meist sofort fallen lassen und loslegen. Kreativ sind sie am Ende alle. Wir Erwachsene müssen das jedoch erst wieder erlernen – aus Scheiß geilen Scheiß zu machen.“ Das hinterlässt – nicht nur bei mir – Spuren: denn ich fange an, Müll und Co. mit anderen Augen und neuen Möglichkeiten zu sehen.

Das passiert hier im LOCH während der Mischpoke: Wo man Bier und Waffeln kaufen kann, Basteleien das innere Kind befreien und auf dem Dancefloor der 4-Jährige neben dem Erwachsenen abtanzt. Denn dieses Format ist offen für jedes Alter – „partytauglich“ für Jung und Alt, ohne viel zu laute Musik von „Erwachsenen-Feiern“ oder Clowns und Rolf Zuckowski Liedertexte vom letzten Kindergeburtstag. »mw«

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Philine Halstenbach

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