Studieren an der Bergischen Universität in Wuppertal
Sicht der Pendler, Sicht der Einheimischen
Die Bergische Universität Wuppertal gilt im Allgemeinen als Pendleruniversität. Was assoziieren wir Pendler mit Wuppertal? Die Hochschule, die ausgeprägte Theaterkultur, die schier unendliche Anzahl an Treppen, den Wuppertaler Zoo und nicht zuletzt natürlich auch die Schwebebahn. Die Schwebebahn ist das wohl offensichtlichste Wahrzeichen der im Bergischen Land liegenden Stadt. Für uns Neuankömmlinge stellt sie eine Besonderheit dar. Für Wuppertaler Kommilitoninnen und Kommilitonen ist sie überwiegend ein Verkehrsmittel wie jedes Andere.
Über Pannen und die Unwahrscheinlichkeit abzustürzen
Ich frage mich, ob die Idee einer schwebenden Bahn nicht waghalsig ist. Nach mehr als hundertjähriger Geschichte sind fünf größere Unfälle zu verzeichnen. Kurzerhand verpufft meine Entschlossenheit selber einmal zu „schweben“.
Tuffi. Welchem Wuppertaler Bewohner sagt dieser Name nichts? Die Zirkuselefantin sollte 1950 als außergewöhnliche Werbeaktion für den Zirkus Althoff dienen. Diese empfand die schwebende Fahrt jedoch als nicht so angemessen für einen Elefanten und stürzte kurzerhand mit dem Kopf durch die Wand zwölf Meter in die Wupper. Lediglich eine Schramme am Po diente ihr später als Andenken. 1968 rutscht der schleudernde Anhänger eines LKWs auf der Sonnborner Straße in einen Stützpfeiler und reist diesen aus seiner Verankerung. Das Gerüst stürzte auf die Straße. Mein Gedankengang dazu: Die Anzahl der sich im Straßenverkehr befindlichen LKWs ist seit 1968 nicht unbedingt gesunken! 1989 rammt eine Schwebebahn einen Kipper. 1998 ereignet sich ein Auffahrunfall. 1999 passiert der schwerste Unfall der Geschichte der Schwebebahn. Sie stürzt in die Wupper. Experten zu Folge sei eine Montagekralle nach Bauarbeiten vergessen worden. Dennoch gilt die Schwebebahn als eines der sichersten Verkehrsmittel im Verhältnis zu den täglichen Fahrgästen, deren Zahl sich auf etwa 85.000 beläuft.
Letztendlich stehe ich nach anfänglichen Zweifeln mit einer Wuppertaler Studienkollegin an der Haltestelle Kluse/Schauspielhaus und warte gespannt darauf, dass eine der berüchtigten Schwebebahnen einfährt. Die Fahrt von der Plattform des Bahnhofs weg, beginnt in den ersten Sekunden mit einem leicht mulmigen Gefühl. Unter uns tut sich eine Tiefe von etwa 8 bis 10 Metern auf. Das unruhige Gefühl ist schnell vergessen. Viel zu faszinierend ist der Ausblick. Dennoch schauen nicht alle Fahrgäste mit interessierten Blick auf Hinterhöfe, Spielplätze, Fabriken und Sonstiges. Die Fahrt wird mit einem Schläfchen oder dem Lesen der Tageszeitung verbracht. Während sich die Schwebebahn ohne verzögernde Einflüsse wie Ampeln, Zebrastreifen, rechts-vor-links-Regeln und Rushhourverkehr zügig von Haltestelle zu Haltestelle hangelt, sehe ich unter uns volle Straßen und Parkplätze und höre ab und zu ein kurzes Hupen. Welch entspannte Art der Fortbewegung, denke ich.
Wie kam es zu dem Bau dieses einzigartigen Verkehrsmittels?
Pferdedroschken und elektrische Straßenbahnen schafften das zunehmende Pensum an zu befördernden Personen nicht mehr. Der hohe Grundwasserspiegel der Stadt Wuppertal, ließ den Bau einer U-Bahn nicht zu. Der Kölner Zuckerfabrikant Eugen Langen entwickelte die sogenannte Einschienen-Hängebahn, die an einem Fachwerk-Stahlgerüst schwebt. 1898 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Kräne, Bagger, Radlader und andere Hilfsmittel waren noch nicht stark vertreten. Muskelkraft, Seilzüge und Spaten waren die hauptsächlich verwendeten Werkzeuge.
Brachten die ersten Eisenbahnen in Deutschland, mit ihren vermeintlich hohen Geschwindigkeiten, die Menschen an die Grenzen ihrer Vorstellungskraft, so ist verständlich, dass eine schwebende Bahn in der Bevölkerung zunächst nicht viele Sympathisanten hatte. Wie bekommt man nun die Fahrgäste in ein Höllenfahrzeug? Man schickt einen Vertreter des Volkes vor. Dieser Vertreter war kein anderer als Kaiser Wilhelm II. Wenn der deutsche Kaiser die Fahrt im Jahre 1900 von Elberfeld bis Vohwinkel übersteht, musste das Höllenfahrzeug ein Wundertier sein. Auch Johannes Rau, Hans-Dietrich Genscher, Walter Scheel, Heinrich Böll und andere Persönlichkeiten waren bereits Gäste der einzigen Schwebebahn der Welt.
Die Schwebebahn fährt ein langes, gerades Stück über der Wupper. Das Gerüst erinnert mich an einen stählernden Tausendfüßer. Ich versetze mich in die Köpfe der damaligen Wuppertaler. Sie waren überwiegend Pferdefuhrwerke gewöhnt. Wie befremdlich muss es da erscheinen, wenn sich plötzlich ein Stahlgerüst über der Wupper schlängelt. »murm«
Zeitliche Daten aus der Quelle: Schönings Reiseführer (o.J): Wuppertal und die Schwebebahn. 3. Aufl. Lübeck