Freie Liebe im Freibad Mirke

„Wie wir lieben – Vom Ende der Monogamie“: Über 100 Gäste kamen zur Lesung von Friedemann Karig

Sex hinterm Bauwagen – so fing es mit Jelena und Paul an. Aus einem (anonymen) One-Night-Stand wurde kurz darauf eine Beziehung. „Die höchste Form der Liebe“, sagen die beiden heute, die sich als „Dream-Team“ sehen. Wer den Freiraum zwischen dem durchaus bizarren Start und den romantischen Worten im Anschluss mit Märchen-Phantasien aus dem Bilderbuch füllt, liegt falsch. Folgende Regeln liegen der Beziehung zugrunde: „Solange es nur Sex ist, ist alles erlaubt. Aber: keine Gefühle. Und: nicht im Freundeskreis. Und: Alles wird erzählt.“ Offene Beziehung? An diesem Punkt dürften die ersten aufschreien. Und ja, die Geschichte von Jelena und Paul ist eine voller Verletzungen und Eifersucht, aber auch Versöhnungen, Liebe und Freiheit. Ihre Liebe ist eine von sieben, von denen der Autor Friedemann Karig in seinem 2017 erschienenen Buch „Wie wir lieben – Vom Ende der Monogamie“ erzählt.

50 Prozent der Deutschen seien schon einmal fremdgegangen

50 Prozent des Publikums im Freibad Mirke offenbar auch. Dies ergab zumindest eine mit geschlossenen Augen erfolgte Umfrage. Karig führte noch weitere Statistiken auf: Jede zweite Ehe in Deutschland werde geschieden, Beziehungen würden im Schnitt lediglich vier Jahre dauern – der monogame Alltag sei „lügen, betrügen, verletzen und verlassen.“ Und jetzt? Sind freie Liebe und offene Beziehungen die Lösungen?

Jelena hat ihren damaligen Partner mit Paul betrogen – hinterm Bauwagen. Als sich die Beziehung zwischen beiden anbahnte und er nach seinem vierwöchigen Bali-Urlaubstrip eine „klare Ansage“ von ihr wollte, hatte sie einen Tag vor seiner Rückkehr Sex mit einem anderen Mann. Paul war verletzt und rächte sich mit einer anderen Frau. Und ja, danach ging es trotzdem weiter – viel weiter. Zwei Kinder haben die beiden heute zusammen.

„Jeder Fehltritt ist ein Brocken Gold“

Nach der ersten Schwangerschaft schlief sie erneut mit jemand anderen. Aus der Krise wurde das „Abenteuer erleben dürfen“ – und die erwähnten Regeln dazu. „Und mit anderen Menschen zu schlafen“, so Paul, „macht, dass du dich attraktiver fühlst. Und diese sexuelle Kraft bringst du wieder in die Beziehung ein.“ War danach alles gut? Nein, denn ein guter Freund kam dazu oder dazwischen. Ja, fieser Cliffhanger, aber die Geschichte gibt es glücklicherweise auch beim SZ Magazin online. Einen kleinen Spoiler gibt es: Beide haben auch diese Krise überstanden.

Sieht so das Ende der Monogamie aus? Wer hinter Friedemann Karigs Werk einen großen Werbeblock für offene Beziehungen, freie Liebe und Polyamorie vermutet hat, liegt falsch – auch wenn der Titel tatsächlich etwas anderes vermuten lässt. Im ersten Teil geht es um sieben Liebesgeschichten – die laut Karig alle wahr seien, „nichts erfunden, eher weggelassen“ – bei denen Paare am Ende der Monogamie stehen und über die Grenze gegangen sind. Fragen, etwa wie „Warum wir so lieben, wie wir lieben und warum es manche Leute doch anders machen“ prägen den zweiten, eher wissenschaftlich geprägten Teil des Buches. Es geht um Wissen, Normen, Vorurteile und Wünsche.

Und worum es noch geht: Die Auseinandersetzung mit alternativen Beziehungsformen – ehrlich, offen und das Bestehende hinterfragend. »mw«

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