Gesetz zum digitalen Fortschritt im Hochschulbetrieb

Mit großer Mehrheit beschloss der Landtag NRW am 7. Oktober 2021 das "Gesetz zum digitalen Fortschritt im Hochschulbereich angesichts der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie sowie zum Hochschulbetrieb im Falle einer Epidemie oder einer Katastrophe". Es ändert das Hochschulgesetz der Landes Nordrhein-Westfalen HG NRW, um im Falle einer Pandemie oder einer Katastrophe den Hochschulbetrieb mit Hilfe von digitalen Medien sicherzustellen. Hierfür fehlten bisher nachhaltige gesetzliche Grundlagen.

Grundsätzlich sind der Lehrbetrieb und die Sitzung der Gremien an den Hochschulen in Präsenz vorgesehen. Nur im Falle der Wahlen zu den Hochschulgremien sieht das HG die Möglichkeit einer elektronischen Stimmabgabe vor, wobei Näheres hierzu in einer Verordnung geregelt wurde. Weiteres muss dann in den Satzungen und Ordnungen der Hochschule geregelt werden. Entsprechende Bestimmungen gelten auch für die Studierendenschaften. Zwar soll es nach dem HG auch die Möglichkeit von sogenannten Online-Lehrangeboten geben, nicht jedoch als Regelfall oder Ersatz für die Präsenz-Lehre. Aufgrund der pandemischen Lage konnte das Land entsprechende Verordnungen auf Basis des Infektionsschutzgesetzes erlassen, um die Lehre und auch mögliche Prüfungen online durchzuführen. Entsprechendes gilt auch für die Sitzungen von Gremien.

Nicht alle Gremien können per digitaler Kommunikation tagen und Beschlüsse fassen

Die in § 3 Absatz 3 HG normierten Aufgaben der Hochschulen werden um eine digitale Komponente erweitert:

„Zur Sicherung der Qualität in Studium und Lehre, zur eigenverantwortlichen Steuerung des Hochschulwesens mit dem Ziel der Stärkung der hochschulischen Leistungsfähigkeit und zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der an Online-Lehrangeboten sowie den Maßnahmen nach Satz 2 Teilnehmenden kann das Ministerium durch Rechtsverordnung das Nähere zur Erprobung, zur Einführung und zum Umfang der Online-Lehrangebote einschließlich von Online-Prüfungen sowie der Maßnahmen zur Unterstützung der Lehrangebote durch elektronisch basierte Methoden und Instrumente regeln. Soweit duale Studiengänge und Modellstudiengänge im Gesundheitswesen betroffen sind, bedarf die Rechtsverordnung des Einvernehmens mit dem für Gesundheit zuständigen Ministerium.“

Weitere Ergänzungen sollen dann zu den Hochschulgremien in § 12 HG und zu den Gremien der Studierendenschaft in § 53 HG erfolgen. Für die Hochschulgremien kann durch Ordnung oder in der Geschäftsordnung des Gremiums vorgesehen werden, dass die Sitzungen in elektronischer Kommunikation stattfinden und Beschlüsse in elektronischer Kommunikation oder im Umlaufverfahren gefasst werden dürfen. Ausgenommen hiervon sind grundsätzlich die Gremien, welche nach dem HG öffentlich tagen müssen: der Senat und der Fachbereichsrat bzw. Fakultätsrat. Für die Gremien der Studierendenschaft einschließlich ihrer Fachschaften kann die Satzung der Studierendenschaft entsprechendes regeln, wobei das Studierendenparlament hiervon als öffentlich tagendes Gremium ausgeschlossen ist.

Digitale Kommunikation von öffentlich-tagenden Gremien im Falle einer pandemischen Lage und eines Katastrophenfalls möglich

Der aufgrund der Corona-Pandemie bereits eingefügte § 83a HG ist weiter ausgestaltet worden. Wenn aufgrund einer pandemischen Lage oder eines Katastrophenfalls an den Hochschulen der Lehr- oder Prüfungsbetrieb in Präsenz eingeschränkt ist, kann das Ministerium für Kultur und Wissenschaft zur Sicherstellung der Lehre, zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Gremien der Hochschule und der Studierendenschaft und zum Schutz der Grundrechte der Hochschulmitglieder sowie der Studienbewerberinnen und -bewerber durch Rechtsverordnung die notwendigen Maßnahmen erlassen. So können z. B. die Sitzungen von grundsätzlich öffentlich tagenden Gremien auch digital abgehalten werden. Dabei kann die Öffentlichkeit der Sitzung mittels Bild- und Tonübertragung sichergestellt werden.

Im Falle der Studierendenschaft der Bergischen Universität Wuppertal tagen neben dem Studierendenparlament (StuPa) auch einige Ausschüsse des StuPas, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), die Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) und die Organe der Fachschaften öffentlich. So fassen z. B. der AStA oder der Haushaltsausschuss Beschlüsse mit großer Tragweite für die Studierendenschaft, so dass eine fehlende Hochschulöffentlichkeit bedenklich wäre. Zu den beschlussfassenden Organen der Fachschaften gehören unter anderem die Fachschaftsvollversammlungen, welche ohne öffentliche Beteiligung funktionsunfähig wären. Allerdings könnten diese gemäß der Satzung der Studierendenschaft durch gewählte Fachschaftsvertretungen ersetzt werden, welche allerdings analog wie das StuPa öffentlich tagen müssten. Eine digitale Umsetzung zur Sicherstellung für hochschulöffentlich tagende Gremien dürfte eine große Herausforderung werden.

Hochschulgesetz führt Begriff der „Online-Prüfung“ ein

Bereits jetzt sieht der § 64 HG, welcher den Erlass von Prüfungsordnungen regelt, die Möglichkeit von Prüfungen in elektronischer Form oder in elektronischer Kommunikation vor, wenn dies in den Prüfungsordnungen entsprechend geregelt wird. In einer Ergänzung zu § 64 HG sollen der Begriff der „Online-Prüfung“ eingeführt und Bestimmungen zum Datenschutz in den Prüfungsordnungen getroffen werden.

Die neuen gesetzlichen Regelungen sollen vor den Hintergrund der Corona-Pandemie und möglichen Katastrophenlagen die Funktionsfähigkeit der Hochschulen sicherstellen und die Rechte ihrer Mitglieder schützen. Zweifellos besteht eine Erforderlichkeit für entsprechende Regelungen. Ihre Praxistauglichkeit muss sich jetzt zeigen. Doch gerade im Falle von pandemischen und katastrophalen Lagen kommt der Wissenschaft und Forschung eine hohe Bedeutung zu, so dass der Betrieb von entsprechenden Institutionen sichergestellt werden muss.

Gastautor: Andreas Schwarz – »schwarz«

Foto: Andreas Schwarz

Andreas Schwarz hat Physik (mit Schwerpunkt Astrophysik) an der Bergischen Universität Wuppertal studiert. Während seiner Studienzeit war er neben anderen Tätigkeiten in der Selbstverwaltung der Hochschule und der Studierendenschaft Mitglied des Studierendenparlaments (StuPa) sowie Referent für Hochschulrecht und Mitglied im Vorsitz des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Als Referent für Hochschulrecht war er für die rechtliche Organisation der Studierendenschaft und der Fachschaften sowie für deren Satzungen und Ordnungen verantwortlich. Auch an verschiedenen Neufassungen der Satzung und der Wahlordnung der Studierendenschaft hat er maßgeblich mitgewirkt. Heute führt er Lehraufträge in Astrophysik, Physik, Chemie und Mathematik durch und hält Vorträge zu allen Gebieten der Astronomie und Astrophysik (www.astromare.org). Des Weiteren beschäftigt er sich mit der jugoslawischen und der makedonischen Frage. Hierzu hat er viele Beiträge veröffentlicht, welche zukünftig auf dem Olineportal Pelagon zu finden sein werden. In der Vergangenheit engagierte sich erfolgreich für eine Lösung im sogenannten Namensstreit zwischen Griechenland und Makedonien. Grundlegende Arbeitsschwerpunkte waren hierbei die „Internationalen Beziehungen“ und das „Völkerrecht“.

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