Studieren während Corona: 232 Euro weniger im Monat

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die finanzielle Situation von Studierenden ausgewirkt? Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat hierzu bundesweit 28.600 Studierende an 23 Hochschulen befragt.

57 Prozent der befragten Studierenden waren vor der Pandemie berufstätig. Von ihnen befinden sich mittlerweile knapp 40 Prozent „in einer schwieriger gewordenen Erwerbssituation“. Schwierig heißt, dass sie „im Zuge der Pandemie entlassen bzw. unbezahlt freigestellt wurden oder eine Reduzierung des Arbeitsvolumens hinnehmen mussten.“ Im Sommersemester 2020 hatten sie im Schnitt 658 Euro pro Monat zur Verfügung – 232 Euro weniger als im vorangegangenen Wintersemester.

Insgesamt betrachtet hatten bei diesem Vergleich alle befragten Studierenden durchschnittlich 63 Euro weniger. Diejenigen, die angaben, dass sich die Einkommenssituation ihrer Eltern verschlechtert habe, mussten mit 113 Euro weniger auskommen. Hierbei gibt es eine Besonderheit: Die Einbußen resultieren laut Befragung aus geringeren Einnahmen aus der von den Studierenden ausgeübten Beschäftigung. Die Unterstützung der Eltern blieb – trotz deren schlechteren Situation – konstant.

Wie kompensieren Studierende ihre finanziellen Einbußen?

„Es zeigt sich, dass die Studierenden finanzielle Einbußen durch Corona vor allem dadurch kompensieren, dass sie entweder eigene Ersparnisse anzapfen oder im privaten Umfeld, etwa von der Familie oder Verwandten, finanziell stärker unterstützt werden“, kommentiert Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), die Befragung des DZHW. Eine weitere Strategie sei, dass Studierende zurück zu den Eltern ziehen würden. Deren Anteil stieg vom Winter- zum Sommersemester von 23 auf 32 Prozent. „Vor allem Studierende in finanziell schwieriger Lage sind (zurück) ins Elternhaus gezogen: Der Anteil der bei den Eltern Wohnenden hat sich im Vergleich zum vorangegangenen Semester von 18 Prozent auf 29 Prozent erhöht“, heißt es in der DZHW-Befragung. Meyer auf der Heye sieht diese Entwicklung kritisch: „Als jugend- und gesellschaftspolitisch problematisch sehe ich, dass rund zehn Prozent der Studierenden im Sommer zu ihren Eltern zurückgezogen sind. Als kurzfristige Reaktion im digitalen Semester und zur Reduzierung von Kosten ist das nachvollziehbar, aber es steht der in dieser Lebensphase notwendigen eigenständigen Persönlichkeitsentwicklung nun einmal entgegen.“

Welche Rolle spielen BAföG, Kredite und Überbrückungshilfe?

Staatliche Unterstützungsangebote, etwa eine BAföG-Anpassung, der KfW-Studienkredit oder die Überbrückungshilfe in pandemiebedingter Notlage, werden laut der Befragung genutzt, „wenngleich nur von einem eher kleinen Teil der Studierenden.“ Während 62 bis 75 Prozent der Studierenden mit finanziellen Einbußen auf Ersparnisse, soziales Umfeld oder Arbeit setzen (wollen), um ihre monetäre Situation auszugleichen, nennen lediglich 15 Prozent eine BAföG-Aktualisierung und 13 Prozent die Überbrückungshilfe. Auf einen KfW-Studienkredit planen lediglich acht Prozent zurückzugreifen.

Denken Studierende aufgrund der Pandemie über einen Studienabbruch nach?

Das DZHW schreibt zu dieser Frage, „dass für den Großteil der Studierenden die Fortführung des Studiums durch die Pandemie nicht grundsätzlich gefährdet ist. Dennoch geht etwa jede/-r zehnte befragte Studierende (eher) davon aus, aufgrund der Corona-Pandemie das Studium nicht ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung fortführen zu können.“ Besonders internationale Studierende sind von dieser Sorge betroffen. Hier liegt der Anteil derer, die die Fortsetzung ihres Studiums in Gefahr sehen, bei etwa 25 Prozent. Dies habe zwei Gründe, wie Meyer auf der Heyde erklärt: „Einmal wegen der schwierigeren Jobsituation in Deutschland, dann auch wegen der wirtschaftlichen Lage in ihren Herkunftsländern.“ 59 Prozent der internationalen Studierenden gaben an, dass sich die finanzielle Situation ihrer Eltern verschlechtert hat – damit deutlich mehr als bei allen befragten Studierenden (32 Prozent).

Welche Unterschiede gibt es zwischen Studierenden aus (Nicht-)Akademiker-Familien?

Der DSW-Generalsekretär fasst hierzu zusammen: „Sorgen bereitet uns, dass die Pandemie Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien wirtschaftlich härter trifft; für sie ist die Finanzierungssituation im Vergleich zu Studierenden aus Akademiker-Familien schwieriger und sie denken auch häufiger über einen Studienabbruch nach.“ In der Befragung heißt es dazu: „Während Studierende aus Nicht-Akademikerfamilien zu 35 Prozent angeben, dass sich die Einkommenssituation der Eltern im Zuge der Corona-Pandemie verschlechtert hat, beträgt dieser Anteil bei Studierenden aus akademischem Elternhaus lediglich 28 Prozent.“ Die Erwerbssituation beider Studierendengruppen habe sich hingegen gleichermaßen zum Schlechteren verändert – rund 36 Prozent geben eine entsprechende Entwicklung an. »mw«

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