„Behindert und erfolgreich selbstständig“ mit Hilfe von found it =

Amrei Feuerstack ist eine erfolgreiche Gründerin - mit Gesichtslähmung und psychischer Erkrankung. Weil sie beim Aufbau ihrer Eventagentur keine passende Beratung gefunden hat, ist sie aktiv geworden. Mit found it = möchte sie Menschen mit Behinderung beim Gründen helfen. Wie genau, hat sie im Interview erklärt.

blickfeld: „Wie war es damals, als du 2018 deine eigene Eventagentur (blickfeld berichtete) gegründet hast?“

Amrei Feuerstack: „Ich habe mich im Gründungsprozess mit meinem Schwerbehindertengrad von 50 Prozent oft alleingelassen gefühlt. Mehr noch: Viele in meinem Umfeld haben mir die Gründung auch nicht zugetraut. Zwar habe ich einige Angebote, etwa von der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Wirtschaftsförderung, in Anspruch genommen, aber es gab keine zielgruppenspezifische Beratung. Die Begleitung war nicht auf meine behindertenspezifischen Bedürfnisse abgestimmt.“

„Behindert und erfolgreich selbstständig ist nämlich keine so seltene Kombination“

blickfeld: „Und deshalb hast du found it = gegründet?“

Amrei Feuerstack: „Genau, ich möchte Menschen beim Gründen ihres eigenen Unternehmens unterstützen. Behindert und erfolgreich selbstständig ist nämlich keine so seltene Kombination. Anstatt sich auf die Sicherheit einer festen Stelle zu verlassen, entscheiden sich immer mehr Menschen mit Behinderung dafür, eine eigene berufliche Existenz aufzubauen. Für viele ist dies der Weg aus der Arbeitslosigkeit. Auch Menschen mit Behinderung haben den Wunsch unabhängig zu sein und ihre eigenen Ideen zu verwirklichen.“

blickfeld: „Wie genau funktioniert found it = und wer kann sich an euch wenden?“

Amrei Feuerstack: „Das Angebot richtet sich an alle gründungsinteressierten Menschen mit Behinderung im Bergischen Land. Nach Möglichkeit soll sich das Angebot mit der Zeit auf ganz Nordrhein-Westfalen ausdehnen. Wir setzen dabei auf das Konzept des Peer Counseling, was heißt: Erfolgreiche Gründer:innen mit Behinderung beraten zukünftige Gründer:innen mit Behinderung.“

found it = Gründerin Amrei Feuerstack © Anna Schwartz

„Erfolgreiche Gründer:innen mit Behinderung beraten zukünftige Gründer:innen mit Behinderung“

blickfeld: „Menschen können auf verschiedene Art und Weise von einer Behinderung betroffen sein. Wie berücksichtigt ihr die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Gründer:innen?“

Amrei Feuerstack: „Das Team der Peer Counselor wird aus Vertreter:innen aller Behinderungsarten bestehen. Wir differenzieren in elf Arten: Anfallsleiden bzw. Epilepsie, Autismus, Blindheit und Sehbehinderungen, chronische und innere Erkrankungen, Hörschädigungen, Lernbehinderungen, Schädigungen der Gliedmaßen, Schädigungen des Skelettsystems, Schädigungen des Zentralnervensystems, seelische Behinderungen und Suchtkrankheiten.“

blickfeld: „Das Beratungsangebot läuft seit Juni 2020. Kannst du ein Resümee über eure bisherigen Aktivitäten ziehen?“

Amrei Feuerstack: „Seit Juni haben wir 30 Kund:innen begleitet. Aktuell sind fünf weitere auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Wir beraten sie in vielen Bereichen, etwa beim Businessplan, der Geschäftsidee, im Marketing oder bei der Organisation. Durch externe Partner helfen wir auch in Fragen der Finanzierung, der Versicherung oder des Controllings. Die ersten found it = Gründer:innen sind bereits als Peer Counselor bei uns aktiv. Wir haben bspw. eine Peer Counselor mit einer Hemiparese (unvollständige Halbseitenlähmung), die erfolgreich zwei Kund:innen begleitet, berät und motiviert. Eine Kundin will eine Kita eröffnen und der andere Kunde wird bald einen Hausmeisterservice starten.

„Perspektivisch ist die Gründung eines gemeinnützigen Vereins vorgesehen“

blickfeld: „Wie finanziert sich found it = und wie wird das Beratungsangebot realisiert?“

Amrei Feuerstack: „Über die Plattform WirWunder wurden wir mit großzügigen Spenden bedacht. Diese sind unsere wichtigste Finanzierungsquelle, die dank unseres Trägervereins Publik e. V. ermöglicht wird. Der gemeinnützige Verein wurde 2018 in Wuppertal gegründet und ist u. a. im Feld Social Business-Babysitting aktiv, worunter wir als found it = fallen. Perspektivisch ist die Gründung eines gemeinnützigen Vereins vorgesehen. Ziel ist es, eine Wirtschaftlichkeit unabhängig von Fördergeldern herzustellen. Denkbar ist, dass ein Teil des Angebotes durch Spenden und Co. finanziert wird.“

blickfeld: „Was motiviert dich persönlich, zu gründen und mit found it = aktiv zu sein?“

Amrei Feuerstack: „Mit Feuerstack Events – was ich zugunsten von found it = aufgegeben habe – konnte ich unabhängig, flexibel und von zu Hause aus arbeiten. In einem normalen Job wäre ich nicht so flexibel – von Verständnis auf Arbeitgeberseite ganz zu schweigen. Zudem habe ich mit Feuerstack Events bzw. jetzt mit found it = einen Sinn in dem, was ich tue, und bin jeden Tag hochmotiviert. Dieses Gefühl möchte ich mit mehr Menschen mit Behinderung teilen, ihnen mit Hilfe von found it = Mut machen und eine Chance geben. Nicht die Behinderung entscheidet, ob eine Selbstständigkeit drin ist. Die Unternehmenspersönlichkeit tut es.“ »mw«

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    found it=
    Neue Nordstraße 19 in 42105 Wuppertal

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