„Nur etwa ein Prozent aller Straßennamen in Wuppertal sind nach historischen Frauen benannt – im Vergleich dazu gibt es über 22 Prozent Straßen, die nach Männern benannt wurden“, sagt Claudia Müller, 2. Vorsitzende des Vereins. „Frauen sind nicht nur hier unterrepräsentiert, sondern werden auch in historischen Bezügen oftmals vergessen und übersehen.“
Ein echter Gender-Gap also. Grund genug, diese Frauen zu porträtieren, in den Fokus zu rücken und den ersten Wuppertaler Frauenstadtplan mit Webseite umzusetzen. Mittlerweile sind knapp 60 Frauenporträts online abrufbar, etwa 300 weitere Frauen stehen in der ‚Pipeline‘, zu denen Biografien geschrieben werden. Mittlerweile bündelt der Verein viele Frauen und Männer, die sich beteiligen und schreiben, recherchieren, informieren. „Wir arbeiten auch eng mit der Gleichstellungsstelle und der Begegnungsstätte Alte Synagoge zusammen. Gemeinsam werden diese drei Organisationen am 9. Juni 2024 den ersten Wuppertaler FrauenOrt NRW feierlich eröffnen. Das Projekt FrauenOrte NRW, das getragen wird vom FrauenRat NRW e.V., zeichnet derzeit im gesamten Bundesland Orte aus, die Frauengeschichte sichtbar machen. Schirmpatin des Projekts FrauenOrte NRW ist Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Für die jüdische Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Cläre Tisch wird dann im Rahmen einer Festivität an der Begegnungsstätte Alte Synagoge in der Genügsamkeitstraße eine Gedenktafel feierlich enthüllt. Interessierte sind herzlich willkommen zur Einweihung um 17 Uhr.
Zurück zu unserer Frage: Und kennen Sie diese Frau, Dr. Cläre Tisch?
Vermutlich nicht. Cläre Tisch wurde am 14. Januar 1907 als Tochter eines jüdischen Lebensmittelhändlers in Elberfeld geboren. Sie studierte bei dem renommierten Prof. Dr. Joseph Alois Schumpeter, der sie 1931 auch promovierte. Sie publizierte, lehrte und forschte – und eine glänzende Karriere stand ihr bevor, als ihrem weiteren Werdegang durch die Nationalsozialisten und dem Berufsverbot jäh ein Ende gesetzt wurde. Cläre Tisch engagierte sich leidenschaftlich beim Jüdischen Frauenbund in der Vermittlungsstelle für jüdische Adoption. Nach dem Brand der Synagoge im November 1938 versuchte sie Inventar aus dem Gotteshaus zu retten. Trotz Bürgschaft ihres ehemaligen Doktorvaters Schumpeter gelang ihr es nicht, in die USA zu emigrieren. Am 10. November 1941 wurde sie nach Minsk deportiert und ermordet.
Über Cläre Tisch und viele andere Frauen aus dem Bereichen Kunst, Kultur, Literatur, Sport und Gesellschaft können Interessierte auf www.wupperfrauen.de nachlesen. »Uta Anne Kroder«
Mehr über Wupperfrauen e.V.
Biographien werden im Verein Wupperfrauen e.V. ehrenamtlich geschrieben. Auch die Vereinsarbeit an sich ist extrem gewachsen. Besuche in Büchereien, eingekauftes Recherchematerial aus internationalen Archiven, Website-Kosten, Veranstaltungen und Druckmaterial – das alles kostet, sodass der Verein dringend auf Spenden angewiesen ist.
Für Unterstützung sind die Wupperfrauen deshalb sehr dankbar:
Fotohinweis: Dr. Cläre Tisch – Quelle: Archivmaterial der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal (aufbereitet mit K.I.)