Von der Entstehungsgeschichte bis zum Ausblick in die Zukunft
Die Bergische Universität Wuppertal (BUW) ist nicht das Resultat eines bildungspolitischen Urknalls ohne jegliches Fundament. Ihr vorangegangen sind zahlreiche Wuppertaler Bildungseinrichtungen, deren Wurzeln bis zum 19. Jahrhundert zurückreichen. D.h. die existierenden Ingenieurschulen, die Werkkunstschule und die Pädagogische Hochschule wurden im Modell der Gesamthochschule vereint.
Eine besondere Rolle im Rahmen der Universitätsgründung lag dabei bei Johannes Rau, dem späteren Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, achten Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland und Ehrensenator der BUW. Sein Engagement für die Universität begann 1969 als Vorsitzender der SPD Ratsfraktion in Wuppertal und wurde über seine Zeit als Oberbürgermeister der Stadt und Landtagsabgeordneter in NRW fortgesetzt. Schließlich konnte er am 3. August 1972 als Wissenschaftsminister die Gesamthochschule Wuppertal mit ca. 3.500 Studierenden eröffnen. Die Gründung wurde 1971 von der rot-gelben Landesregierung beschlossen und umfasste auch die Standorte Duisburg, Essen, Paderborn und Siegen. Jedoch verlief der Weg zur Gesamthochschule in Wuppertal keineswegs ohne Probleme. Zwischenzeitlich verschwand der Standort Wuppertal aus dem Landesprogramm. Die Universitätsfrage wurde zum regionalen Wahlkampfthema ausgerufen. Vor Ort versuchte die „Schutzgemeinschaft Elberfelder Südstadt“ den Bau auf dem Grifflenberg zu stoppen. Nicht gegen die Hochschule, aber gegen die Geschosshöhe der Gebäude und das potenzielle Verkehrsaufkommen richtete sich die Bürgerinitiative, die vor Gericht unterlag. Schließlich war es das überparteiliche Engagement im Städtedreieck Wuppertal, Remscheid und Solingen, mit dem damals am Kabinettstisch sitzenden Wissenschaftsminister Rau, die den Standort erfolgreich durchsetzten konnten.
Generell verfolgte die intensivierte Hochschulgründung das Ziel, die Ausbildungskapazitäten in NRW zu erhöhen. Dabei sollten die bislang hochschulpolitisch vernachlässigten Regionen berücksichtigt werden, wie beispielsweise auch Wuppertal. Man sah darin einen Beitrag zur Chancengleichheit unter allen Bevölkerungsschichten. Die „Hochschule vor der Haustür“ sollte denen ein Studium ermöglichen, die aus finanziellen Gründen nicht in fernen Orten studieren konnten. So bot sich die kostengünstige Möglichkeit, weiterhin bei den Eltern zu wohnen. Die Region sah die Chance, den Fachkräftebedarf vor Ort zu decken und so junge Kräfte zu binden. Auch die Gesamthochschule als Hochschulform wurde als Beitrag zur Chancengleichheit verstanden. Im Rahmen von „integrierten Studiengängen“ konnte ein Studium sowohl mit der allgemeinen Hochschulreife, als auch mit der Fachhochschulreife begonnen werden. Diese als Standard-Hochschule geplante Form konnte sich jedoch nicht durchsetzen und 2003 fand schließlich die Umwandlung der Gesamthochschule Wuppertal zur Universität statt.
Neben dem Gründungsbeschluss von 1971 haben die Hochschulstandorte Duisburg, Essen, Siegen, Wuppertal und Paderborn eine weitere Gemeinsamkeit – sie wurden nach dem Baukasten-Prinzip gebaut. Die Bildersuche diverser Suchmaschinen liefert den Beweis dafür. Grob differenziert wird zwischen „Erschließungseinheiten“ (unsere „Kerne“) und „Nutzungseinheiten“ (die jeweiligen Gebäude). Dieser modulare und standardisierte Aufbau entsprach der Anforderung flexibel einsetz- und erweiterbar zu sein. Für letztere Möglichkeit waren bereits bei Gründung zwei Standorte vorgesehen: Das heute bereits bebaute Gelände des Rektoratsgebäudes und die bisher leere Fläche gegenüber des heutigen Gebäude K, welche in Zukunft tatsächlich bebaut wird.
Die Baukosten von 1972 beliefen sich auf 270 Millionen D-Mark. Nicht die letzte größere Investition am Standort Wuppertal, denn Platzmangel an der Universität ist kein Phänomen, welches nur in jüngster Vergangenheit in Erscheinung trat. Bereits 1987 mussten Räume für den Studiengang Industrial Design in einer ehemaligen Konfektionskleiderfabrik an der Elberfelder Hofaue gemietet werden. Die Pauluskirche am Campus Haspel wird seit 1991 als Hörsaal für Architekten und Bauingenieure genutzt. Den geplanten 8.500 Studienplätze standen 1989 16.000 eingeschriebene Studierende gegenüber. Die Folgen: mangelnde Kapazitäten, Wohnungsnot und lange Studienzeiten. Bis zum Wintersemester 1994 stieg die Zahl auf 19.000 eingeschriebene Studierende an. 2007 wurden Kinosäle des Cinemaxx in Wuppertal für Großvorlesungen, z.B. in der Wirtschaftswissenschaft, genutzt. Gegenüber von Gebäude K stand bis vor kurzem ein Containerpark mit zusätzlichen Seminarräumen.
Solcher Improvisation folgte jedoch in der Geschichte und Entwicklung der BUW stets eine Professionalisierung. Zur Schaffung von 3.000 zusätzlichen Studienplätzen wurde 1994 ein großer Teil der Generaloberst-Hoepner-Kaserne erworben und daraufhin zum heutigen Campus Freudenberg ausgebaut. Im März dieses Jahres wurde der Erweiterungsbau an der Universitätsbibliothek eröffnet. Durch einen stets wachsenden Bücherbestand sank gleichzeitig die Anzahl an Lern- und Leseplätzen innerhalb der Bibliothek. Den Wuppertaler Studierenden stehen nun auf 600 qm 200 zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügung. Neun mal so groß ist das neue Hörsaalzentrum in Gebäude K mit seinen beiden Hörsälen (1043 Sitzplätzen) und acht Seminarräumen. Beide Baumaßnahmen bilden ein Gesamtinvestitionsvolumen von 21 Mio. Euro. Und der nächste Schritt ist bereits in Arbeit: Gegenüber vom Gebäude K wird der Neubau für die Fächer Chemie und Biologie, sowie für Teile der Ingenieurwissenschaften geplant. 16.200 zusätzliche Quadratmeter mit einer Kostengrenze von 53 Mio. Euro sind vorgesehen. Drei Entwürfe, die im Rahmen eines Architekturwettbewerbs eingegangen sind, werden derzeit auf Umsetzbarkeit geprüft.
Keine Frage, der Standort Wuppertal kämpft weiterhin mit vielen Problemen. Gerade die aktuelle finanzielle Krise der Universität und ihr Ausgang werden die Qualität von Studium und Lehre für knapp unter 16.000 Studierende maßgeblich beeinflussen. Doch darf auch nicht vergessen werden, dass für ein erfolgreiches Studium auch eine geeignete Infrastruktur benötigt wird. Die BUW hat hier in jüngster Vergangenheit große Sprünge nach vorne anstelle von kleinen Schritten zurückgelegt. Dies wird sich hoffentlich fortsetzen und auf andere Bereiche übergreifen. Die Verantwortung dabei liegt bei uns allen – auch bei uns Studierenden. »mw« – Erstveröffentlichung des Artikels in der Printausgabe 02-2012, erschienen im Juni 2012.