Die Urabstimmung

Ein Element der direkten Selbstverwaltung innerhalb der Studierendenschaft

Neben der Wahl zum Studierendenparlament haben die Mitglieder der Studierendenschaft grundsätzlich auch die Möglichkeit Sachentscheidungen in Form einer „Urabstimmung“ zu fällen. Zwei Mal gab es in der Geschichte der Studierendenschaft der Bergischen Universität Wuppertal eine Urabstimmung: 1994 über die Einführung des normalen Mobilitätstickets und vom 05.05. bis zum 09.05.2008 über die Einführung eines NRW-weiten Mobilitätstickets. In beiden Urabstimmungen entschied sich eine deutliche Mehrheit der Studierende für die Einführung des Mobilitätstickets bzw. des NRW-weiten Mobilitätstickets. Wegen des großen Aufwandes werden Urabstimmungen in der Regel nicht durchgeführt und die Entscheidungen vom Studierendenparlament getroffen. Im Falle einer Urabstimmung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen). Wenn diese Mehrheit der Ja-Stimmen mindestens 30 % der Mitglieder der Studierendenschaft repräsentiert, dann ist das Ergebnis der Urabstimmung für die Organe der Studierendenschaft verbindlich und kann auch nur wieder durch eine Urabstimmung aufgehoben werden. Im anderen Fall gilt das Ergebnis einer Urabstimmung als Empfehlung, die nicht von den Organen der Studierendenschaft beachtet werden muss. Im Falle der Urabstimmung zur Einführung des NRW-weiten Mobilitätstickets gab es deutlich mehr Ja- als Nein-Stimmen, doch repräsentierte die Anzahl an Ja-Stimmen nur 26 % der Mitglieder der Studierendenschaft und wäre daher für die Organe der Studierendenschaft nicht verbindlich gewesen. Das Studierendenparlament respektierte jedoch das Abstimmungsergebnis als Empfehlung und beschloss auf Basis des Ergebnisses der Urabstimmung die Einführung des NRW-weiten Mobilitätstickets. Im Falle der Urabstimmung zur Einführung des normalen Mobilitätstickets im Jahre 1994 wurde bei der Anzahl der Ja-Stimmen auch das Quorum von 30 % erreicht, so dass in diesem Fall die Einführung des Mobilitätstickets für die Organe der Studierendenschaft verbindlich war.

Durchführung und Organisation
Die Möglichkeit eine Urabstimmung unter den Mitgliedern der Studierendenschaft durchzuführen ist im Hochschulgesetz-HG des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 53 Absatz 5 HG NW) geregelt und in der Satzung der Studierendenschaft-SdS verbindlich als Einrichtung festgelegt worden (§§ 27 und 28 SdS). Eine Urabstimmung kann von 5 % der Mitglieder der Studierendenschaft, vom StuPa, vom AStA und von der FSRK beantragt werden. Im Falle des Antrages von Mitgliedern der Studierendenschaft hat das Präsidium des StuPa entsprechende Unterschriftenlisten herauszugeben, wobei die benötigten Unterschriften von 5 % der Mitglieder der Studierendenschaft innerhalb von vier Wochen gesammelt werden müssen. Danach müssen sie beim Urabstimmungsausschuss eingereicht worden sein, der wie der Wahlausschuss der Studierendenschaft 90 Tage vor dem ersten Abstimmungstag vom StuPa eingerichtet werden muss. Der Antrag muss schriftlich erfolgen und wird beim StuPa-Präsidium eingereicht. Alle Regelungen der Wahlordnung der Studierendenschaft zur Wahl des Studierendenparlament über die Wahlorgane, Wahlberechtigung, Wählerverzeichnis, Wahlbekanntmachung, Stimmzettel, Stimmabgabe, Wahlsicherung, Bekanntmachung des Wahlergebnis und Wahlprüfung gelten für die Urabstimmung entsprechend und sinngemäß. Durch eine Entscheidung des Schlichtungsrates (zuständig für Wahlprüfungen) vom 22.08.2008 wurden die Regelungen der Wahlordnung im Falle einer Urabstimmung konkretisiert und entsprechend ausgelegt. Die Urabstimmung muss dreizehn Vorlesungswochen nach Ausgabe der Unterschriftenlisten durch das StuPa-Präsidium bzw. innerhalb von dreizehn Vorlesungswochen nach Eingangs des Antrags des StuPa, des AStA oder der FSRK beim StuPa-Präsidium erfolgen. Die Bekanntmachung der Urabstimmung in den Mitteilungen der Studierendenschaft und durch Aushang muss 42 Tage vor dem ersten Abstimmungstag erfolgen. Das Verzeichnis der Abstimmungsberechtigten muss gemäß der Bekanntmachung der Urabstimmung 35 bis 31 Tage vor dem ersten Abstimmungstag ausliegen, innerhalb dieser Zeit können Einsprüche gegen das Verzeichnis beim Urabstimmungsausschuss schriftlich oder zur Niederschrift eingereicht werden. Die Abstimmung selbst erfolgt an fünf aufeinanderfolgenden nicht vorlesungsfreien Werktagen unter der Verwendung von Urnen, wobei grundsätzlich nach Fachschaften getrennt abgestimmt wird und pro Fachschaft in Absprache mit dem zuständigen Fachschaftsrat eine Urne aufzustellen ist. Die Splittung oder Zusammenlegung von Abstimmungslokalen und Urnen ist in begründeten Fällen zulässig und muss in der in der Wahlordnung der Studierendenschaft geregelten Weise erfolgen. Unmittelbar nach der Abstimmung erfolgt die Auszählung der Stimmen. Das Ergebnis der Urabstimmung ist unverzüglich nach der Auszählung der Stimmen durch den Urabstimmungsausschuss bekannt zu geben. Die Bekanntgabe erfolgt durch Aushang und in den Mitteilungen der Studierendenschaft. Abstimmungsberechtigte können bis zum siebten Tag, 12 Uhr, Einspruch beim Urabstimmungsausschuss gegen das Abstimmungsergebnis einlegen. Über die Gültigkeit des Abstimmungsergebnis entscheidet dann der Schlichtungsrat.
Weitere Besonderheiten im Falle einer Urabstimmung
Statt Wahllisten (Listen) können unter den gleichen formalen und materiellen Voraussetzungen Initiativen gegründet werden, die sich inhaltlich mit dem Gegenstand der Urabstimmung auseinandersetzen. Für die Initiativen gelten alle Regelungen der Wahlordnung der Studierendenschaft entsprechend und sinngemäß. Vorschläge für Initiativen müssen von einem von tausend Mitgliedern der Studierendenschaft unterzeichnet und bis zum 28. Tag vor dem ersten Abstimmungstag, 12 Uhr, beim Urabstimmungsausschuss eingereicht worden sein. Über die Zulassung von Initiativen entscheidet der Urabstimmungsausschuss, der diese Zulassung jedoch nur aus formellen Gründen ablehnen darf und diese Ablehnung begründen muss. Entsprechen Initiativen nicht den formellen Voraussetzungen der Wahlordnung der Studierendenschaft, so haben diese bis zum 28. Tag vor dem ersten Abstimmungstag, 18 Uhr, die Möglichkeit bestehende formelle Mängel zu beheben. Bestehende und zur Wahl des amtierenden Studierendenparlaments bereits zugelassene Wahllisten gelten entsprechen als Initiativen, wenn sie bis zum 28.Tag vor dem ersten Abstimmungstag, 12 Uhr, dies dem Urabstimmungsausschuss schriftlich mitgeteilt haben. Der Urabstimmungsausschuss gibt eine Abstimmungszeitung heraus, in der jede entsprechend zugelassene Initiative die Möglichkeit hat, zwei DIN A4 Seiten frei zu gestalten. Die Abstimmungszeitung soll 14 Tage vor dem ersten Abstimmungstag an geeigneten Orten hochschulöffentlich ausliegen und darf auch in den Wahllokalen ausliegen.
Schlusswort
Die Durchführung und Organisation einer Urabstimmung ist genauso aufwendig wie die Durchführung und Organisation der Wahl zum Studierendenparlament. Nur in sehr wichtigen und grundsätzlichen Angelegenheiten der Studierendenschaft sollte durch eine Urabstimmung entschieden werden. Ansonsten sind die gewählten Mitglieder des Studierendenparlament in einem repräsentativen System der Selbstverwaltung der Studierendenschaft die organisatorisch geeigneteren Akteurinnen und Akteure. Doch sollte in allen wirklich wichtigen und grundsätzlichen Angelegenheiten der Studierendenschaft, vor allem wenn diese mit einer deutlichen Mehrbelastung für die Mitglieder der Studierendenschaft einhergehen, das Instrument der Urabstimmung als Element der direkten Selbstverwaltung genutzt werden. Alle Organe und Gremien der Studierendenschaft und der Fachschaften sowie ihre Mitglieder sind dann zur gegenseitigen Kooperation und Amtshilfe bei der Organisation und Durchführung einer Urabstimmung verpflichtet. Die Urabstimmung ist ein aufwendiges Instrument der direkten Selbstverwaltung, das zwar aus organisatorischen Gründen nicht regelmäßig genutzt werden kann oder inflationär genutzt werden sollte, doch dafür um so mehr in allen gebotenen Fällen.

Gastautor: Andreas Schwarz – »schwarz«

Foto: Andreas Schwarz

Andreas Schwarz hat Physik (mit Schwerpunkt Astrophysik) an der Bergischen Universität Wuppertal studiert. Während seiner Studienzeit war er neben anderen Tätigkeiten in der Selbstverwaltung der Hochschule und der Studierendenschaft Mitglied des Studierendenparlaments (StuPa) sowie Referent für Hochschulrecht und Mitglied im Vorsitz des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Als Referent für Hochschulrecht war er für die rechtliche Organisation der Studierendenschaft und der Fachschaften sowie für deren Satzungen und Ordnungen verantwortlich. Auch an den Neufassungen der Satzung und der Wahlordnung der Studierendenschaft hat er maßgeblich mitgewirkt. Heute schreibt er unter anderem für das deutschsprachige makedonische Nachrichtenportal „Pelagon“ (www.pelagon.de) und engagiert sich für eine Lösung im sogenannten Namensstreit zwischen Griechenland und Makedonien. Grundlegende Arbeitsschwerpunkte sind hierbei die „Internationalen Beziehungen“ und das „Völkerrecht“.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert