„Studium für Ältere“: Das erwartet Seniorstudierende an der Bergischen Universität

Das „Studium für Ältere“ wurde im Wintersemester 1987/1988 an der Bergischen Universität Wuppertal eingeführt. Wir haben mit Seniorstudentin Dr. Angela Mahnkopf (69), Andre Kukuk (48), Geschäftsführer des Zentrums für Weiterbildung (ZWB), und Christina Gembler (31), Koordinatorin des "Studiums für Ältere", gesprochen. Sie haben uns in einem Interview erklärt, was das Wuppertaler Modell eines Seniorenstudiums auszeichnet.

Titelbild (v.l.): Christina Gembler, Dr. Angela Mahnkopf und Andre Kukuk

blickfeld: „Welche Möglichkeiten bietet das „Studium für Ältere“ den Seniorstudierenden an der Bergischen Universität und wie ist dieses aufgebaut?“

Andre Kukuk: „Das ‚Studium für Ältere‘ bietet Interessierten die Möglichkeit, sozial- und geisteswissenschaftliche Kenntnisse zu erwerben. Seniorstudent:innen wählen aus einer Reihe von Fächern, zu denen etwa die Allgemeine Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft oder Geschichte gehören, zwei aus, erbringen darin Studienleistungen und können nach Anfertigung einer Abschlussarbeit ein Zertifikat erwerben.“

Christina Gembler: „Der Studienverlauf beinhaltet drei Phasen: Das Orientierungssemester soll den Einstieg in das Studium vereinfachen. In einem spezifisch für die Seniorstudierenden angebotenem Begleitseminar werden elementare wissenschaftliche Arbeitsmethoden vermittelt, u.a. die Nutzung der Universitätsbibliothek oder die Anfertigung schriftlicher Arbeiten nach wissenschaftlichen Standards. In den anschließenden vier Semestern werden die beiden gewählten Fächer studiert und Studienleistungen erbracht. Zudem ermöglichen wir den Besuch weiterer Veranstaltungen aus anderen Fachrichtungen, z. B. den Naturwissenschaften. Pro Semester stehen den Seniorstudierenden meist zwischen 170 bis 200 Veranstaltungen offen. Frühestens im sechsten Semester folgt die Abschlussarbeit, die ganz regulär bewertet wird.“

Dr. Angela Mahnkopf: „Eine Besonderheit ist, dass wir Seniorstudent:innen ganz normal in den universitären Alltag eingebunden sind. Wir können aus einer Vielzahl von Veranstaltungen in unseren Fächern wählen, besuchen die gleichen Kurse wie jüngere Studierende, nehmen an Diskussionen teil, sprechen mit den Dozierenden, suchen die Campus-Mensa auf und arbeiten in der Bibliothek. Das wird in den ersten beiden Semestern durch Begleitseminare speziell für Seniorstudierende ergänzt, doch erleben wir darüber hinaus den gleichen Uni-Alltag.“

blickfeld: „Bis zum jetzigen Wintersemester war die Universität coronabedingt seit April 2020 im Uni@Home-Modus. Wie hat sich das auf das ‚Studium für Ältere‘ ausgewirkt?“

Andre Kukuk: „Wie für alle Angehörigen der Bergischen Universität war Uni@Home auch für uns eine besondere Herausforderung. Fast alle universitären Veranstaltungen wechselten in den Online-Modus. Das galt auch für diejenigen Veranstaltungen, die im Rahmen des ‚Studiums für Ältere‘ belegt werden konnten. Wir haben versucht, unsere Studierenden bei der technischen Umsetzung einer Online-Teilnahme zu unterstützen und dafür eigens verschiedene Videoanleitungen erstellt und eine Sprechstunde eingerichtet. In vielen Fällen konnten wir helfend zur Seite stehen. Leider sind die Zahlen der Teilnehmer:innen im ‚Studium für Ältere‘ über die Uni@Home-Zeit dennoch zurückgegangen.“

Dr. Angela Mahnkopf: „Manche meiner Mitstudierenden kamen mit der Situation nicht zurecht, hatten zum Teil auch technische Schwierigkeiten. Einige wollten auch nicht so studieren, denn für sie war ein solches Studium in Distanz zu anonym und zu fremd. Es ist für viele Seniorstudierende ein neuer Lebensabschnitt, in dem sie nicht nur neues Wissen erwerben, sondern auch neue soziale Kontakte knüpfen wollen. Das ist durch Uni@Home bei uns ähnlich weggefallen, wie bei der jüngeren Studierendengeneration. Es gab aber positive Seiten: Ich fand es toll, was in kurzer Zeit technisch durch die Lehrenden erreicht wurde und konnte selbst zahlreiche Kompetenzen im digitalen Bereich erwerben – nicht nur beim Zugang zu Veranstaltungen, sondern zusätzlich bei Online-Diensten der Bibliothek und anderen Angeboten.“

Christina Gembler: „Bevor die Universität in den Uni@Home-Modus wechselte, waren mehr als 150 Seniorstudierende für das ‚Studium für Ältere‘ angemeldet. Während der Corona-Einschränkungen sank die Zahl auf 80 bis 90 Teilnehmende. Für das aktuelle Wintersemester sind noch keine genauen Zahlen verfügbar, wir gehen jedoch von vergleichbar niedrigen Teilnehmendenzahlen aus. Allerdings kann sich dies noch ändern, denn eine Anmeldung für das ‚Studium für Ältere‘ ist für Interessierte noch bis zum 15. November 2021 möglich. Wichtig ist, dass ein ‚Studium für Ältere‘ nur zu einem Wintersemester begonnen werden kann.“

blickfeld: „Abseits von Uni@Home: Wie ist das Verhältnis zwischen Senior- und Jungstudierenden?“

Dr. Angela Mahnkopf: „Junge Studierende begegnen uns freundlich und interessiert. Wir erarbeiten innerhalb der Seminare gemeinsam die Themen und bereiten Vorträge ganz normal in Gruppen vor. Für weiterführende oder vertiefende Diskussionen direkt nach der Veranstaltung fehlt den jungen Studierenden meist die Zeit, sie sind stärker als wir in einen engen Zeitrahmen eingebunden oder müssen oft auch neben dem Studium jobben. Gerne diskutieren wir unter uns Älteren beim Kaffee oder Mittagessen weiter.“

Andre Kukuk: „An anderen Hochschulen sind Seniorstudierende auf eine Gastrolle beschränkt, durch die sie oft nur wenige Vorlesungen, aber keine Seminare besuchen können. Zum Teil gibt es eigens aufgelegte Programme abseits des eigentlichen universitären Alltags. Die Integration des ‚Studiums für Ältere‘ in den regulären Studienbetrieb sichert nach wie vor die Vorreiterrolle der Bergischen Universität.“

blickfeld: „Gibt es Einschränkungen beim ‚Studium für Ältere‘?“

Christina Gembler: „Seniorstudierende müssen keine Voraussetzungen erfüllen, etwa die Allgemeine Hochschulreife besitzen oder bereits ein Studium abgeschlossen haben. Auch gibt es kein Mindestalter. Es fällt lediglich ein Beitrag von 100 Euro pro Semester an. Darüber hinaus können Seniorstudierende so lange studieren, wie sie möchten.“

Dr. Angela Mahnkopf: „Ich studiere bereits seit dem Wintersemester 2013/14 im ‚Studium für Ältere‘ an der Bergischen Universität, aktuell vor allem im Fach Allgemeine Literaturwissenschaft, aber ich höre in viele Fächer hinein. Kenne somit die Zeit vor Corona und freue mich, dass in diesem Semester wieder Präsenzveranstaltungen möglich sind, in denen neue Inhalte kennengelernt und Bekanntschaften geknüpft werden können, sowie der persönliche Kontakt zu den Dozierenden möglich ist.“

blickfeld: „Wie sind Seniorstudierende untereinander vernetzt?“

Dr. Angela Mahnkopf: „Es gibt den Verein zur Förderung des Studiums im Alter (vfsa) an der Bergischen Universität Wuppertal, der verschiedene Aufgaben wahrnimmt. Mir als stellvertretende Vorsitzende ist es ein wichtiges Anliegen, Anfänger:innen im ‚Studium für Ältere‘ zu begrüßen und sie willkommen zu heißen. Weiter verstehen wir uns als Interessenvertretung der älteren Studierenden an der Universität und haben Kontakt zu Vertretungen und Fördervereinen an anderen Hochschulen. Wir haben eine eigene Homepage und organisieren ergänzende Angebote, wie Vorträge oder kulturelle Veranstaltungen. Dazu gehören etwa gemeinsame Museumsbesuche.“

Andre Kukuk: „Wir schätzen das Engagement des vfsa sehr, weil wir durch den engen Austausch gezielt auf die Wünsche, Interessen und Kritiken der Seniorstudierende eingehen und diese in die organisatorische Arbeit einbinden können.“

Dr. Angela Mahnkopf: „Wir sind sehr zufrieden mit den Inhalten, der Struktur und der Qualität des Studienangebotes. Das bereits erwähnte Studienzertifikat ist ein Ansporn und bietet uns ein Ziel im Studium.“

blickfeld: „Was können Seniorstudierende in Zukunft vom ‚Studium für Ältere‘ zusätzlich erwarten?“

Andre Kukuk: „Auch im kommenden Sommersemester werden wir erneut an der Ringvorlesung der BAG WiWA (Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaftliche Weiterbildung für Ältere, Anm. d. Red.) teilnehmen. Im Rahmen verschiedener bundesweiter Vorlesungen können unsere Seniorstudierenden dieses Mal das Thema ‚Künstliche Intelligenz‘ kennenlernen und deren Einsatz in Leben und Alltag hinterfragen. Außerdem werden wir weiterhin die Forschungslandschaft im Blick halten, um im Zuge passender Ausschreibungen eigene Projekte unter Beteiligung unserer Seniorstudierenden anzustoßen.“

Christina Gembler: „Im vergangenen Jahr wurde das neue Format BergUndTalgespräche (BuT) vom ZWB entwickelt und ins Leben gerufen. Unter dem Motto ‚Mitmachen – Mitdenken – Weiterbilden‘ lädt das ZWB Seniorstudierende, Gasthörende und Teilnehmende des ‚Studium Generale‘ zu Veranstaltungen mit Gastbeiträgen ein. Im Mai und Juni 2021 gab es hierzu zwei Veranstaltungen zum Thema MIXED GENERATIONS und der Bewegung Students for Future. Die Idee dabei ist, dass zu den BuT-Gesprächen Gäste eingeladen werden und zu diesen unterschiedlichen Themenbereichen Impulsvorträge einbringen, die im Anschluss mit den Seniorstudierenden diskutiert werden können. Auch in diesem Semester ist ein weiteres BergUndTalgespräch geplant, dieses Mal mit einem Gastbeitrag zum Thema Digitalisierung und Bildung.“ »mw«

Mehr Informationen zum „Studium für Ältere“ an der Bergischen Universität Wuppertal

Studienangebot

Seniorstudierenden stehen fast alle Fächer der Bergischen Universität offen. Die folgenden Kernfächern bieten das umfangreichste Angebot:

  • Soziologie
  • Pädagogik
  • Politikwissenschaft
  • Psychologie
  • Geographie
  • Wirtschaftswissenschaft
  • Philosophie
  • Geschichte
  • Evangelische Theologie
  • Katholische Theologie
  • Allgemeine Literaturwissenschaft

Kontakt zum „Studium für Ältere“ an der BUW:
Christina Gembler, M.A.
Tel.: 0202 31713-266
E-Mail

Im Web:
zwb.uni-wuppertal.de

Kontakt zum vfsa – Verein zur Förderung des Studiums im Alter
Dr. Angela Mahnkopf
Tel.: 0202 28338899
E-Mail

Im Web:
www.vfsa-seniorenstudium.de

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