Abschluss – und dann? Vom Lehramtsstudium zum Radiojournalismus

Seminare, Prüfungen, Hausarbeiten und dann die abschließende Thesis. Hat man sich erst einmal für ein Studium entschieden, ist der Weg eigentlich klar. Nur wie geht es weiter, wenn die letzte Klausur geschrieben ist, alle Noten eingetragen sind und man ratlos mit dem Zeugnis in der Hand die Universität verlässt? Dann beginnt für die einen die Suche nach der geeigneten Stelle und für die anderen, für die Glücklichen, die diese bereits gefunden haben, das Arbeitsleben. Wir haben mit Absolventinnen und Absolventen der Bergischen Universität gesprochen und berichten in der Reihe »Abschluss - und dann?« von ihrem Weg durch das Studium bis in die Arbeitswelt.

Lisa Jülich an ihrem Arbeitsplatz bei Radio RSG © Lisa Jülich

Eigentlich wollte Lisa Jülich immer schon Journalistin werden. Ein Journalistikstudium hat sie trotzdem nicht eingeschlagen. Stattdessen schrieb sie sich für ihre Lieblingsfächer Englisch und Geschichte an der Bergischen Universität in Wuppertal ein. Es wurde ein Lehramtsstudium, auch, weil es erstmal sicherer als „die brotlose Kunst“ des Reporters schien. Beim Eignungspraktikum in der Schule stellte sie dann aber fest: „Zehn Jahre könnte ich diesen Beruf bestimmt machen, aber nicht mein ganzes Leben lang.“ Nach dem Bachelor fragte sie sich: „Was nun?“

Lisa entschied sich, auch aufgrund eines Gesprächs mit der Arbeitsagentur, für den Master Europäistik, der mittlerweile nicht mehr in Wuppertal angeboten wird. „Der Master hat so ziemlich alles zusammengefasst, was ich immer studieren wollte.“ Im interdisziplinären Studium waren Inhalte aus der Geschichte, der Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaft, sowie eine europäische Fremdsprache und eine Sommerakademie enthalten. Ermutigt wurde sie zu dieser Wahl, weil es mittlerweile für Journalisten üblich sei, kein Journalistik-Studium anzustreben, sondern ein geisteswissenschaftliches Fach zu wählen. Viele Magazine und Redaktionen würden Mitarbeitende, die sich auf einen bestimmten Bereich spezialisiert haben, suchen.

Ganz wichtig: die Arbeitserfahrungen außerhalb des Studiums

Neben dem Studium begann Lisa zunächst ehrenamtlich bei der blickfeld-Redaktion mitzuarbeiten und schrieb einige Artikel für weitere Onlinemagazine. Die Entscheidung, sich dem Rundfunk zuzuwenden, brachte das Seminar ‚Radiojournalismus‘, dass sie für den Optionalbereich des Bachelors belegte und jeder Zeit weiterempfehlen würde. Durch den dort gewonnenen Kontakt zum Bürgerfunkradio „Kilowatt“ engagierte sie sich hier und später auch bei anderen Sendern, wie Radio Wuppertal, als selbstständige bzw. freie Mitarbeiterin. In dieser Zeit baute sie auch den blickfeld-Podcast auf, der zwischen 2014 und 2016 ausgestrahlt wurde.

Lisa Jülich bei der Arbeit im Studio © Lisa Jülich

Über einen Freund wurde sie auf eine Stelle als studentische Hilfskraft beim WDR aufmerksam, wo sie nach erfolgreicher Bewerbung hauptsächlich im Onlinebereich tätig war. Den Redaktionsalltag und die damit verbundenen Abläufe kennenzulernen, findet sie rückblickend betrachtet sehr wichtig. Das Studium hat sie ebenfalls in einigen Punkten weitergebracht, beispielsweise wenn es um Stressresistenz und die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren, geht. Gerade den Optionalbereich findet sie für die Berufswahl relevant: „Ich habe in diesem viel mehr gemacht, als ich musste. Das ist ja eine einmalige Chance, sich auszuprobieren.“

Der übliche Weg zum Radio: Praktikum und Volontariat

Nach einem dreimonatigen Praktikum bei Radio RSG (Radio für Remscheid und Solingen) ergatterte sie dort eine Stelle als Volontärin. Das Volontariat ist in den meisten Fällen die Voraussetzung für die Arbeit beim Radio. Wer einen Hochschulabschluss und Vorerfahrungen mitbringt, hat laut Lisa gute Chancen auf eine solche Stelle. Das „Volo“, wie es abgekürzt heißt, bietet Einblick in alle Bereiche eines Verlages oder Medienunternehmens und ist als zusätzliche Ausbildungszeit in etwa mit dem Referendariat für Lehrer/-innen vergleichbar. Ähnlich wie bei angehenden Lehrer/-innen verdienen auch Volontäre weniger als die regulär angestellten Kolleg/-innen. Lisa war, wie im Radiojournalismus üblich, zwei Jahre lang Volontärin, lernte in dieser Zeit alles „von der Pike auf“ und konnte sich in allen Bereichen, von der Technik, über den Schnitt und bis zur Moderation, einbringen und ausprobieren. Anschließend wurde sie als Moderatorin für die „Morning Show“ übernommen, was allerdings überhaupt nicht üblich ist, so Lisa: „Das ist schon eine Ausnahme. Der Beruf des Journalisten ist meist freiberuflicher Natur.“

Was ist das Besondere am Journalismus?

Mit ihrer Berufswahl ist Lisa sehr zufrieden. Ein besonderer Pluspunkt ist die Vielfältigkeit der Themen und der abwechslungsreiche Arbeitsalltag. Viele Einblicke erhält sie nur als Journalistin und viele Geschichten würde sie sonst nicht hören. So konnte sie beispielsweise einmal den Kältebus in Solingen begleiten. Das ist ein Bus, der immer unterwegs ist, wenn die Temperaturen unter zwei Grad sinken, in dem sich Obdachlose aufwärmen können. Dort verteilte sie Suppe, sprach mit vielen Menschen, die ihr Leben auf der Straße verbringen und konnte sich so ihre Lebensgeschichten anhören.

„Vom Bienenzüchter bis zum Oberbürgermeister kannst du einfach jeden in der Stadt kennen lernen und kannst in vielen Bereichen hinter die Kulissen schauen“, fasst sie das Besondere am Journalismus zusammen.

Lisa Jülich beim Jobtalk des Praxisforums

Wer Lisa persönlich kennenlernen will und Fragen zu ihrer beruflichen Vita hat, sollte sich den 27. Mai 2020 blocken. Im Rahmen des Jobtalks, eine Reihe des Praxisforums in der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften, stellt Lisa das Berufsfeld „Redaktion, Journalismus und Radio“ vor. Die Veranstaltung wird als ZOOM-Videokonferenz angeboten und findet am besagten Termin von 16:15 bis 17:45 Uhr statt (Facebook-Event). »wm & mw«

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