NERDINVASION – Lasset die Spiele beginnen!

Pflegten die zeitweise als potentielle Amokläufer diffamierten Gamer noch vor Jahren ein Schattendasein in abgedunkelten Zimmern mit Unmengen an delivery food (Achtung Klischee!), so gestalten sie heute Massenspielveranstaltungen in etablierten Kultureinrichtungen, wo sich sowohl der Lebenskünstler als auch der Bürohengst ihren Alltag von der Seele spielen können.

So gesehen im Kunst-und Kulturverein Hebebühne, in dem sich Wuppertals Gaminganfänger, -nerds und die in die Jahre Gekommenen jeden ersten Donnerstag im Monat zum gemeinsamen Konsolenspiel treffen. Das Ganze wird untermalt von elektronischen Tönen aus den Plattenkisten wechselnder DJs, darunter der Gameboy-Akrobat Low Bit Revolte, welcher altbekannte Computerspielklänge live und virtuos zu hörbaren Musikstücken arrangiert. Und das Beste: Jeder Besucher kann den Abend mitgestalten, indem er selbst Konsolen und/oder Spiele mitbringt!
Duelliert wird sich bislang auf Geräten wie dem SEGA Megadrive, NES, SNES, N64, GameCube, PSone und XBOX 360. Für Retroliebhaber und Verfechter der Oldschool-Spielekultur steht sogar ein besonderes Prachtstück bereits: Ein Atari 2600; die erste erfolgreiche programmierbare Spielkonsole für den Heimgebrauch und der Renner im Weihnachtsgeschäft 1979.

Zunächst als FIFA-Turnier geplant, entschieden sich die beiden Initiatoren des Abends, Jan Hymmen (19) und Marko Arlovic (21), schnell dafür das Programm auszuweiten, um ein möglichst breites Publikum anzusprechen: „Alle, die zocken wollen, sind eingeladen. Zuerst waren auch nur Freunde hier, aber mittlerweile kommen alle möglichen Leute aus Wuppertal und Umgebung.“, so Jan. Seine ersten Gehversuche in Richtung kollektivem Spielerlebnis ohne Skype und Konsorten hatte er bereits im frühen Teenageralter, als er sich mit Freunden regelmäßig in einem Geräteschuppen zum interaktiven Kräftemessen traf. Die Vorteile des „Game-Outsourcings“ liegen für beide auf der Hand: Man kommt raus aus der Bude und es macht viel mehr Spaß. In der Tat ist das Erste, was man wahrnimmt, wenn man die einstige Tankstelle, umfunktioniert zu einem Ort für Kunst und Kultur, betritt, eine Mischung aus frenetischem Jubel, Leidgestöhne der Verlierer sowie Lauten, die man sonst nur bei großer körperlicher Anstrengung vernimmt.
Ein buntes Treiben auf den vielen TV-Geräten und zwei Beameranlagen zieht die Besucher wortwörtlich in ihren Bann. Ein Battle fordert einem schon so manche Konzentration ab. Schließlich kann kein Gamer von der Hand weisen, dass es natürlich auch ums Gewinnen geht. Die Biologiestudentin Merve (20) stellt in diesem Zusammenhang fest: „Es macht definitiv mehr Spaß hier mit anderen zusammen zu spielen. Der Wettbewerb ist hier aber auch stärker.“ Damit man diesen nicht fürchten muss, stehen vielfältige Möglichkeiten bereit, um je nach Spielerfahrung und Interesse auf seine Kosten zu kommen. Konsolen wie die SEGA Megadrive und der Atari 2600 sprechen beispielsweise ein etwas älteres Publikum an, werden von den Jugendlichen aber u.a. wegen des Retro-und Kultfaktors begeistert zur Kenntnis genommen. Dass Konsolen im Gegensatz zum PC-Gaming einen höheren Spielspaß garantieren, ist für den Geschichtsstudenten Sven Layh (24) ganz klar: „Die Konsole wird von mir wegen der Haptik eindeutig bevorzugt.“ Das gemeinsame Spiel von Angesicht zu Angesicht vergleicht er zudem mit dem Filmerlebnis im Kino. Zwar könne man sich den Streifen auch zu Hause angucken, aber das sei eben nicht das Gleiche.

Mario Kart im Vier-Player-Modus – Foto: Hebebühne e.V.

Dass sie mit ihrer Veranstaltung angesichts der positiven Resonanz voll ins Schwarze getroffen haben, macht die Organisatoren besonders stolz. Gleichzeitig betonen sie den Aufwand, der hinter einer derartigen Veranstaltung steckt. Schließlich müssen diverse Geräte herangeschafft, montiert und zum Leidwesen aller auch wieder abgebaut werden. Hierbei erhalten sie tatkräftige Unterstützung von erfahrenen Anhängern des Kulturvereins, deren Mitglieder sich innerhalb der gegebenen Möglichkeiten mit ihren Ideen und Vorstellungen verwirklichen können: „Wir verstehen uns als Forum, das möglichst viele Menschen zusammenbringen möchte, die unterschiedliche kulturelle Events unterstützen und/oder realisieren wollen.“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Daniel Che Hermann. Gaming gehört somit zum Kulturgut. Das bewies nicht zuletzt eindrucksvoll der massive Besucherandrang auf der Spielemesse gamescom, die ihre Pforten aus diesem Grunde vorübergehend schließen musste und insgesamt 275.000 Gäste zu verzeichnen hatte. Zwar sind die Dimensionen hier im Wuppertaler Norden (noch) andere, aber die stetig wachsenden Besucherzahlen sind für alle Beteiligten Überraschung und Grund zur Freude zugleich. Sie sehen sich in ihrer Arbeit und in der Tatsache bestätigt, dass Gaming längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Dafür spricht ebenso die Tatsache, dass ich, als komplette Gaminganfängerin am darauffolgenden Tage doch tatsächlich eine Blase an meinem Daumen entdecken konnte: Ein Anzeichen für bislang unzureichendes Training und einen gelungenen Abend! »lz«

Die nächste NERDINVASION findet diesen Donnerstag, den 3.11., ab 19 Uhr statt: Hebebühne e.V. // Mirker Str. 62 // 42105 Wuppertal – Elberfeld

Weitere Informationen zum Veranstaltungsort findet ihr unter:
www.hebebuehne-ev.de

Wer schon mal einen Vorgeschmack auf die dieswöchige aktustische Untermalung bekommen möchte, schaut hier vorbei:
www.myspace.com/lowbitrevolte

Titlefoto: Der Flyer für den Gaming Abend NERDINVASION © Hebebühne e.V.

Gallerie

Alle Fotos: »lz«

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