Prof. Dr. Beate A. Schücking, Präsidentin des Deutschen Studierendenwerks, fordert, dass die nicht abgerufenen Mittel aus der 200-Euro-Einmalzahlung „weiterhin zweckgebunden dafür eingesetzt werden, jene Gruppen von Studierenden mittelbar oder unmittelbar zu unterstützen, die durch die multiplen Krisen unserer Zeit in materieller oder immaterieller Not sind. Dafür ist das Geld gedacht, dafür sollte es auch eingesetzt werden – und nicht zurück in den allgemeinen Haushalt fließen.“ Die Belastungen der Studierenden seien gravierender, existenzieller geworden; es gehe um Zweifel am Studium, depressive Verstimmungen, bis hin zu Suizidgedanken. „Ein Teil unseres akademischen Nachwuchses steckt in einer Mental-Health-Krise. Schon mit einem niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag könnten die Studierendenwerke ihre psychosoziale Beratung über die kommenden Jahre ausbauen und diesen Studierenden helfen. Studienabbrüche aus psychischer Not können wir uns nicht leisten“, so Schücking weiter.
Die dann noch verbleibenden Mittel sollen nach der DSW-Präsidentin für Studierende in finanzieller Notlage bereitstehen: „Wir wissen aus der 22. Sozialerhebung, dass 37 Prozent der Studierenden weniger als 800 Euro im Monat zur Verfügung haben, das BAföG aber nur 11 Prozent der Studierenden erreicht.“
Anja Liebert (GRÜNE): Haushaltsberatungen entscheidend
Die Wuppertaler Bundestagsabgeordnete Anja Liebert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sympathisiert mit der DSW-Forderung, gibt jedoch zu bedenken: „Da dies keinesfalls ein Automatismus ist und der Systematik des Haushaltes widerspricht, muss diese Idee eine Mehrheit finden und für das Folgejahr finanziert werden. Dies bedarf dann eines Beschlusses des Haushaltsausschusses für die kommenden Jahre, muss am Ende im Gesamthaushalt darstellbar sein und aus dem Einzeletat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert werden.“ Sie werde jedoch diese Empfehlung an ihre Kolleg:innen aus dem Haushaltsausschuss sowie dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung weitergeben.
Helge Lindh (SPD): Experten einbinden
Der SPD-Abgeordnete Helge Lindh unterstützt ebenfalls die Idee der DSW-Präsidentin: „Dabei sollte nach Einbindung von Experten entschieden werden, wie die Mittel am sinnvollsten einzusetzen sind. Den Anregungen des Deutschen Studierendenwerkes kommt in diesem Prozess natürlich ein besonderes Gewicht zu. In jedem Fall sollte das Geld, wie auch vom DSW gefordert, nicht zurück in den allgemeinen Haushalt fließen.“ Er kündigt an, sich dafür im Bundestag einsetzen zu wollen.
Manfred Todtenhausen (FDP): Schuldenbremse gilt
„Eine in ihrer Funktion sicherlich ehrenwerte Forderung“ sieht FDP-Bundestagsabgeordneter Manfred Todtenhausen im Statement der DSW-Präsidentin. Doch handelt es sich laut ihm bei den nicht abgerufenen Einmalzahlungen „nicht um Geld, das nun ungenutzt herumliegt, sondern der Bund hat dadurch schlicht etwas weniger Schulden aufnehmen müssen, als ursprünglich geplant.“ Für die Vorschläge des Studierendenwerks „gelten im kommenden Haushalt daher wieder die Regeln der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Die Ausgabenvorschläge des DSW müssten also durch Einsparungen an anderer Stelle – oder Mehreinnahmen – gedeckt werden.“
Jürgen Hardt (CDU): Studierende nicht priorisiert
CDU-Bundestagsabgeordneter Jürgen Hardt kritisiert das Verfahren zur Auszahlung der Energiepauschale: „Bei der Einmalzahlung hat die Regierung anders als bei anderen Energiehilfen die Holschuld der Studierenden eingefordert, was ich für einen Fehler hielt. Auch deshalb haben rund 700.000 Studierende das ihnen zustehende Geld nicht beantragt.“ Deshalb hält Hardt die DSW-Forderung für berechtigt, gerade „in Anbetracht der Tatsache, dass ein Drittel aller Studierenden in Deutschland armutsgefährdet ist.“ Doch würden Studierende laut ihm nicht zu den Top-Prioritäten der Bundesregierung gehören: „Beim BAföG stehen die Kürzungen im Regierungsentwurf des Haushaltes 2024 im klaren Widerspruch zu den öffentlichen Äußerungen der Regierungskoalition, eine Strukturreform des BAföGs vorzunehmen.“ »mw«