Absurde Rechtspolitik: Fälschung der StuPa-Wahl straffrei

Bei der Wahlen zum Studierendenparlament (StuPa) an der Bergischen Universität Wuppertal vom 16. bis 20. Januar 2017 kam es zu massiven Wahlmanipulationen. Infolgedessen wurde das Wahlergebnis in großen Teilen im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens durch den Schlichtungsrat aufgehoben. Vom 19. bis 23. Juni 2017 erfolgte die daraufhin notwendig gewordene Teilneuwahl des Studierendenparlaments. Die Studierendenschaft, vertreten durch den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), erstattete wegen der mutmaßlichen Wahlfälschung Anzeige gegen Unbekannt.

Die zuständige Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren jedoch ein, da nach dem geltenden Strafgesetzbuch (StGB) keine Straftat vorlag. Zwar ist Wahlfälschung gemäß § 107a StGB eine Straftat, doch gilt dieser Tatbestand aufgrund von § 108d StGB ausschließlich „für Wahlen zu den Volksvertretungen, für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, für sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den Ländern, in kommunalen Gebietskörperschaften sowie für Urwahlen in der Sozialversicherung.“ Vom Straftatbestand der Wahlfälschung werden alle hier nicht aufgezählten Wahlen ausdrücklich nicht erfasst. Zum Beispiel fallen Betriebs- und Personalratswahl oder die Wahlen der Gremien von Hochschulen und Studierendenschaften nicht darunter. Aufgrund des Fehlens einer entsprechenden strafgesetzlichen Regelung ist eine manipulierte StuPa-Wahl keine Wahlfälschung. Selbst andere Straftatbestände, etwa Urkundenfälschung, lassen sich nur sehr eingeschränkt ersatzweise heranziehen. Im Falle der Urkundenfälschung werden manipulierte Stimmzettel in Wahlurnen nicht erfasst, sondern nur die Urkunde mit dem festgestellten Wahlergebnis. Wenn das festgestellte Ergebnis ordnungsgemäß war, jedoch auf manipulierte Stimmzettel beruhte, wird der Tatbestand der Urkundenfälschung nicht erfüllt. Auch andere Straftatbestände greifen nicht.

Kommentar: Absolut unbefriedigende und nicht nachvollziehbare Rechtslage

Die strafgesetzliche Situation bezüglich der Folgen einer Wahlfälschung bei der Bestellung von Gremien der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltung, wie etwa des Studierendenparlamentes, ist absolut unbefriedigend. Natürlich sind die Wahlen zu den Vertretungen der Bürgerinnen und Bürger im Bund sowie in den Ländern und Kommunen die gewichtigsten Wahlen mit der größtmöglichen Teilnehmerzahl. Eine Wahlfälschung hier wiegt besonders schwer. Gleichwohl ist nach meiner Auffassung rechtspolitisch nicht nachzuvollziehen, warum Organe und andere Gremien der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltung nicht unter den Tatbestand einer möglichen Wahlfälschung fallen bzw. fallen sollen.

Das Land NRW kann hier tätig werden, wenn dies politisch gewollt wäre. Es könnte im Rahmen des Hochschulrechts ein Ordnungsgeld in empfindlicher Höhe festlegen, wenn es zum Tatbestand der Manipulation bei öffentlich-rechtlichen Hochschulgremienwahlen kommen sollte. Das reguläre Strafrecht ist in der Kompetenz des Bundes, doch NRW hätte die Möglichkeit eine Bundesratsinitiative für eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches zu starten.

Eines dürfte allerdings klar sein: Der Tatbestand der Wahlfälschung muss auf alle öffentlich-rechtlichen Gremien ausgedehnt werden. Selbstverständlich kann im Falle der Rechtsfolgen zwischen dem Bundesparlament, den Landesparlamenten und kommunalen Organen auf der einen sowie weiteren öffentlich-rechtlichen Gremien auf der anderen Seite unterschieden werden. Doch wenn die Sozialwahl erfasst wird, wahrscheinlich weil an dieser ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger teilnehmen kann, dann sollten auch andere Gremien der öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltung erfasst werden. Auch dann, wenn deren Mitglieder- oder Teilnehmerkreis deutlich begrenzter ist. Sie sind Teil der staatlichen Verwaltung und als solche muss deren Schutz, auch vor Manipulation ihrer Gremien, im öffentlichen Interesse liegen.

Gastautor: Andreas Schwarz – »schwarz«

Foto: Andreas Schwarz

Andreas Schwarz hat Physik (mit Schwerpunkt Astrophysik) an der Bergischen Universität Wuppertal studiert. Während seiner Studienzeit war er neben anderen Tätigkeiten in der Selbstverwaltung der Hochschule und der Studierendenschaft Mitglied des Studierendenparlaments (StuPa) sowie Referent für Hochschulrecht und Mitglied im Vorsitz des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). Als Referent für Hochschulrecht war er für die rechtliche Organisation der Studierendenschaft und der Fachschaften sowie für deren Satzungen und Ordnungen verantwortlich. Auch an verschiedenen Neufassungen der Satzung und der Wahlordnung der Studierendenschaft hat er maßgeblich mitgewirkt. Heute führt er Lehraufträge in Astrophysik, Physik, Chemie und Mathematik durch und hält Vorträge zu allen Gebieten der Astronomie und Astrophysik (www.astromare.org). Des Weiteren schreibt er unter anderem für das deutschsprachige makedonische Nachrichtenportal „Pelagon“ (www.pelagon.de) und engagiert sich für eine Lösung im sogenannten Namensstreit zwischen Griechenland und Makedonien. Grundlegende Arbeitsschwerpunkte sind hierbei die „Internationalen Beziehungen“ und das „Völkerrecht“.

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