Präsenzklausuren: Entscheidungen und Erfahrungen der Studierenden

Die Prüfungen zum Ende des Wintersemesters laufen. Wir haben Studierende der Bergischen Universität gefragt, wieso sie sich für oder gegen eine Präsenzprüfung entschieden haben und welche Bilanz sie nach den ersten Klausuren in der Riedel-Halle und dem Theater und Konzerthaus Solingen ziehen.

Viele Studierende entscheiden sich für eine Teilnahme an den Präsenzklausuren. Das zeigen Kommentare auf der Plattform StudyDrive, blickfeld-Umfragen auf Instagram und Nachrichten von Studierenden an unsere Redaktion.

Von der Vorgehensweise der Universität mit neuem Hygienekonzept und zusätzlichen Busverbindungen an Prüfungstagen haben wir bereits hier und im Live-Ticker berichtet. Aber wie bewerten die Studierenden die Umsetzung dieser Maßnahmen?

„Ich kann es mir jetzt nicht leisten, alle vier Klausuren zu schieben“

Eine 20-jährige Studentin erzählt uns, dass sie beide Seiten abgewogen habe. Sie habe Vertrauen in das Hygienekonzept der Universität und erkenne die Bemühungen der Verantwortlichen an. Allerdings bleibt es nicht bei der einen Klausur, die sie in dieser Form schreibt, denn sie studiert Wirtschaftswissenschaft als Drittfach: „Ich schreibe vier Klausuren in Präsenz. Was meine Entscheidung im Endeffekt auch beschleunigt hat – ich kann es mir jetzt nicht leisten, alle vier Klausuren zu schieben.“

Zu Beginn des Wintersemesters wurde nicht für alle Prüfungen kommuniziert, in welcher Form sie abgehalten werden. Die Bergische Universität wollte mit einem hybriden Konzept flexibel bleiben, indem sie Veranstaltungen sowohl online als auch vor Ort organisierte. Doch die meisten Kurse mussten aufgrund der andauernden Pandemie bis zum Ende der Vorlesungszeit online stattfinden. Für Prüfungen hingegen gilt das nicht pauschal. Bis zu zwei Wochen vor dem jeweiligen Termin kann sich das Format noch ändern. Doch viele Studierende bereiten sich schon während des Semesters auf die Prüfungen vor. Ein 23-jähriger Soziologiestudent meint: „Ich habe viel dafür gelernt. Da wäre es blöd, sie nicht zu schreiben. Es gibt halt keine Alternative.“ Dennoch findet er es seltsam, dass so viele Prüfungen online stattfinden können und die der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer nicht. Laut Pressestelle der Universität werden nur noch „weniger als 25 Prozent der Prüfungen“ in Präsenz abgehalten.

„Wichtig ist einfach, die Klausur ablegen zu können“

Ein Informatikstudent ist hingegen positiv gestimmt. Gerade in naturwissenschaftlichen Fächern sehe er das Problem möglicher Täuschungsversuche während Onlineklausuren. „Das geht ja ins Unermessliche und ist gar nicht mehr unter Kontrolle zu halten“, sagt der 27-Jährige. Zudem halte er eine andere Form, wie beispielsweise eine Hausarbeit, für sein Fach als ungeeignet. Daher appelliert er an die Studierenden, kooperativ zu sein: „Man kann ja ewig etwas finden, das einen stört. Wichtig ist einfach, die Klausur ablegen zu können.“

Studierende sehen die Verantwortung bei der Universität

Andere sehen Präsenzklausuren nach wie vor kritisch. Eine 27-jährige Kombibachelor-Studentin hat sich gegen eine solche Prüfung entschieden: „Ich kann es nicht für mich verantworten, diese Klausur in Präsenz zu schreiben – angesichts der jetzigen Lage, die jeden Moment wieder zu kippen droht.“ Sie möchte nicht mit so vielen Menschen in einem Raum sitzen, gerade weil sie sich in den letzten Monaten an die Vorgaben der Bundesregierung gehalten habe. „Wenn der Staat die Verantwortung an die Universität weitergibt, sollte sie ihre Pflicht ernst nehmen und Alternativen ausarbeiten, die die Studierenden vor dem Virus schützen.“

Wie liefen die ersten Klausuren ab?

Zum Ablauf der bisherigen Klausuren im Theater und Konzerthaus in Solingen-Mitte äußern Studierenden gegenüber unserer Redaktion einige Kritik. Allem voran bemängeln sie die Anfahrt: Teils wohnen sie nur wenige Minuten von der Riedel-Halle oder dem Campus Grifflenberg entfernt und müssen dennoch den Weg in die Nachbarstadt Solingen in Kauf nehmen. Dort war der Inzidenzwert mit 112,4 zu Beginn der Klausurphase am höchsten in ganz NRW. Vor dem Gebäude hätten sie selbst für ausreichend Abstand zueinander sorgen müssen – es habe keine ausgezeichneten Wartebereiche gegeben. Als größten Mangel nennt eine Wirtschaftswissenschaftsstudentin die fehlende Uhr im Saal. Darauf sei nicht – wie im vorigen Semester – in der E-Mail zur Klausur hingewiesen worden. Stattdessen habe es alle 30 Minuten eine Ansage über die verbleibende Zeit gegeben. Sie empfand den Abstand zwischen den Tischen als viel zu gering. Zwar sehe sie eine solche Klausur nicht als „reale Gefahr“ für eine Ansteckung mit dem Coronavirus an, „jedoch war es sehr anstrengend, immer auf andere [Teilnehmer/-innen] achten zu müssen, um den eigenen Schutz zu gewährleisten.“ Eine andere Studentin sagt uns dazu: „Der Kommilitone hinter mir saß während der Klausur so nah bei mir, dass ich ihn atmen hören konnte.“

Studierende berichten zudem, dass eine kaum wahrnehmbare Belüftung und Maskenpflicht zu Konzentrationsschwierigkeiten geführt hätten. Auch soll sich ein Kritikpunkt aus dem letzten Semester wiederholt haben: Die Aufgaben seien unverhältnismäßig schwierig gestellt worden. Bereits im vorigen Semester kam diese Kritik häufig auf.

„Lieber so eine Klausur als gar keine“

Der bereits erwähnte Informatikstudent nahm an einer Prüfung in der Riedel-Halle in Wuppertal-Uellendahl teil, die bereits im vergangenen Sommer während der Pandemie für Klausuren genutzt wurde. Vor Beginn der Prüfung seien die Studierenden hier in Gruppen à zwanzig Personen hineingelassen worden – auf die Abstandsregeln hätten sie selbst achten müssen. So habe es vor allem am Eingang der Halle große Menschenansammlungen gegeben. Im Vergleich zum letzten Semester habe sich nicht viel verändert: „Es kam nur Maskenpflicht am Platz dazu.“ Gut findet er, dass die Prüfer/-innen auf die Einhaltung dieser Pflicht achten und Studierende ansprechen, falls deren Mund-Nasen-Schutz nicht richtig sitzt. Das angekündigte Belüftungssystem sei zwar vorhanden, aber „sehr laut und eher nervig“, wenn es anspringt. Dennoch schreibe er lieber so eine Klausur als gar keine und hebt die Freiversuchsregelung hervor, die auch noch im kommenden Sommersemester gelten wird.

Über unser Kontaktformular erreichte uns die Zuschrift einer Studentin, die ebenfalls eine Klausur in der Riedel-Halle absolvierte. Sie hält die dortigen Umstände für unzumutbar. Sie bemängelt die Abstände zwischen den Tischen, diese betragen „höchstens 50 Zentimeter“. Außerdem sei angekündigt worden, dass die Räume beheizt werden. Laut der Studentin sei es allerdings sehr kalt gewesen.

Die Erfahrungsberichte zum Start der Prüfungsphase zeigen, dass es vielfältige Kritik an der Umsetzung des Hygienekonzeptes der Bergischen Universität gibt, die einerseits räumliche Gegebenheiten und andererseits die Organisation, insbesondere beim Einlass, behandelt. »jr«

Frage: Wie sind eure Erfahrungen? Habt ihr weitere Kritikpunkte oder die Erfahrung gemacht, dass die Universität in den Folgewochen Verbesserungen an der Umsetzung von Präsenzprüfungen vorgenommen hat? Schreibt uns! – per Kontaktformular/E-Mail, Kommentar oder in den sozialen Netzwerken.

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